Tag : Deutscher Rekord

Diamond League Monaco  2025

Geduld zahlt sich aus

Köln, 15. Juli

Liebe Leserinnen und Leser,
als Mohamed Abdilaahi beim Diamond-League-Meeting in Monte- Carlo nach 12:53,63 Minuten die Ziellinie überquert, ist eine kleine deutsche Sensation perfekt. Der Athlet von Cologne Athletics hat gerade den nationalen Rekord über 5.000 Meter geknackt – eine Bestmarke, die zuvor seit dem Jahr 1997 zusammen mit dem Namen Dieter Baumann in der deutschen Bestenliste verankert war. Baumann – eine DLV-Ikone. Rund um die Neunzigerjahre auch international tonangebend und nicht zuletzt 1992 Olympiasieger. Über exakt jene 5.000 Meter. Dass der heute 60-Jährige zeitnah von „seinem“ Thron gestoßen werden würde – darauf hatte nicht wirklich etwas hingedeutet. Das derzeitige Niveau hierzulande ist – so schien es – schlicht nicht ausreichend. Der beste derzeit aktive deutsche Langstreckler über die Distanz fand sich in Person von Abdilaahi wieder.

Doch auch dessen persönliche Bestzeit lag noch vor wenigen Tagen knapp neun Sekunden oberhalb der Marke von Dieter Baumann (12:54,70 min). „Es kamen mir ganz kurz die Tränen, ganz ehrlich. Aber ich konnte sie zurückhalten“, untermauert der gebürtige Mönchengladbacher im Interview mit der ARD den Stellenwert seines Auftritts im Fürstentum. Denn es ist in erster Linie natürlich ein Triumph für den 26-Jährigen selbst: ein Athlet, der früh in seiner Karriere ein großes Talent offenbart. Eines, das bei Abdilaahi zwar auch in den Folgejahren unbestritten ist, das er aber nur dann und wann zeigen kann. Auch Fehleinschätzungen begleiten seinen Weg in den vergangenen Jahren. So setzt er 2024 beispielsweise darauf, sich über ausreichend viele Weltranglistenpunkte für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. Ein Unterfangen, das schiefgeht. Die Norm für die diesjährigen Weltmeisterschaften hat er hingegen nun in der Tasche. Selbstreflektierend merkt er bei Sport1 an, man dürfe nicht aufgeben, „sondern man sollte seine eigene Entwicklung einfach genießen und geduldig abwarten. Irgendwann zahlen sich die vielen Kilometer aus.“ Das gilt in dieser Saison für gleich mehrere DLV-Athleten. Denn nach Hindernisläufer Frederik Ruppert und Mittelstreckler Robert Farken ist er schon der dritte deutsche Läufer, der 2025 eine Langzeit-Bestmarke knackt. Geduld zahlt sich aus. „Es geht voran in der deutschen Leichtathletik, vor allem im Laufbereich“, meint Abdilaahi. Er und seine beiden Lauf-Kompagnons liefern Argumente dafür.

Alexander Dierke

Owen Ansah (Hamburger SV, 532), 100m Maenner, GER, Leichtathletik, Athletics, Deutsche Meisterschaften, 29.06.2024, GER,

Deutsche Sportgeschichte

Köln, 2. Juli

Liebe Leserinnen und Leser,
Armin Hary war es, der 1960 als erster deutscher Athlet handgestoppte 10,0 Sekunden lief. Seitdem ist vieles passiert. Generationen von 100-Meter-Sprintern haben der Deutsche Leichtathletik-Verband und die Fans erlebt, doch so nah wie Hary kam der Durchbrechung der magischen Zehn-Sekunde-Marke seitdem niemand mehr. Und dann das: Der Hamburger Owen Ansah läuft bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig tatsächlich als erster DLV-Sprinter eine Neuner-Zeit. 9,99 Sekunden – ein Sprint in die deutschen Sportgeschichtsbücher. Und wie merkt der glückliche Athlet selbst richtig an: Der Rekord wird ihm eines Tages ein anderer womöglich entreißen, doch der Vorstoß in neue Sphären wird für immer mit seinem Namen verbunden bleiben. Nach langer Verletzungspause ist der Triumph gar noch einmal bemerkenswerter, doch vielleicht war es genau diese „Auszeit“, die ihm gutgetan hat. Der 23-Jährige vernimmt bei sich selbst jedenfalls einen Entwicklungsschub. Deutschland hat mit Ansah, Joshua Hartmann – der bei der DM mit Einstellung seiner PB von 10,06 Sekunden ebenfalls ein starkes Rennen ablieferte – und Gina Lückenkemper gestandene Sprinter. Im Vergleich zu anderen Disziplinen lässt sich hier bei den Besten tatsächlich über die Jahre ein Leistungssprung ausmachen. Und dennoch bedarf es einer gesunden Bewertung des Ganzen. Denn im Weltvergleich können auch diese 9,99 Sekunden keine Medaillen bescheren. Das weiß Ansah auch selbst, und diese gesunde Selbsteinschätzung steht ihm definitiv gut zu Gesicht. Die deutsche Leichtathletik hat mit ihm jedenfalls einen Gewinn, und ja, man darf sich auf sein Auftreten bei Olympia freuen. Dass Owen Ansahs Rekord in den Medien große Aufmerksamkeit fand, zeigt zudem: Gute Leistungen deutscher Athleten sind sehr wohl noch immer über die Grenzen der Sportart hinweg gerne gesehen.

 

Alexander Dierke