Author : redaktion

World Athletics Championships Tokyo 2025 - day 3

Ausgezeichnet

Köln, 4. November

Liebe Leserinnen und Leser,
wenn im Herbst die Blätter von den Bäumen fallen und die Tage kürzer werden, kehrt traditionell auch in der Leichtathletik Ruhe ein. Der ein oder andere Regentag zieht vorbei, doch ab und an scheint auch mal die Sonne. Ein solcher Lichtblick ereignete sich am ersten Novemberwochenende in New York City: Der prestigeträchtige Marathon Major stand an – und untermauerte einmal mehr sein Ausnahmestanding. Einzigartige Kulisse, starke Teilnehmerfelder und sogar ein neuer Streckenrekord – der New York City Marathon ist auch 2025 ein Highlight. Die Kenianerin Hellen Obiri stellt bei den Frauen nun übrigens die schnellste jemals im „Big Apple“ gelaufene Zeit. Es ist durchaus eine Titulierung, die man gerne im Einklang mit seinem Namen liest.

Ähnlich verhält sich das mit der Auszeichnung als Europas Leichtathlet oder Leichtathletin des Jahres. Wer diese Titulierung erhält, hat zuvor durchaus etwas geleistet. Im Falle der diesjährigen, durch den Kontinentalverband European Athletics ausgezeichneten Protagonisten steht das gar gänzlich außer Frage. Denn Armand Duplantis und Femke Bol sind es, die diesen Preis zum jeweils dritten Mal erhalten haben. Nach einer Saison, in der beide unbesiegt geblieben sind, fragt man sich ohnehin: Wer auch sonst?! Beide gewannen WM-Gold, beide sorgten in ihrer Disziplin für Staunen. Die niederländische Hürdenläuferin. Der schwedische Stabhochspringer ohnehin. Was sind die Ziele, wenn man im Prinzip alles erreicht hat, was es zu erreichen gibt? Bol sucht ihr Glück ab dem kommenden Jahr über die flachen 800 Meter – eine neue Herausforderung mit der Chance, weitere Geschichte zu schreiben. Man denke an die US-amerikanische Hürdenweltrekordlerin Sydney McLaughlin-Levrone, die 2025 über die flachen 400 Meter für Furore gesorgt hat. So wie es Duplantis im Stabhochsprung seit fünf Jahren im Prinzip durchgängig tut. Er jagt nur sich selbst – und Himmelshöhen, die für einen Normalsterblichen nicht erreichbar sind. Duplantis, dieser Meinung darf man sein, kann im Stabhochsprung als der Größte aller Zeiten bezeichnet werden.

Alexander Dierke

Leichtathletik Weltmeisterschaften 2025 in Tokyo

Herz, Haltung, Höhenflug

Köln, 21. Oktober

Liebe Leserinnen und Leser,
es gibt Interviews, die bleiben im Kopf, weil sie mehr sind als ein Rückblick. Das Gespräch mit Frank Busemann war so eines. Ein Mann, der in Atlanta 1996 Silber gewann, aber über Gold heute kaum spricht – weil er längst andere Dinge wichtiger findet. Haltung etwa. Leidenschaft. Und die Fähigkeit, über Jahrzehnte für eine Sportart zu brennen, die ständig im Wandel ist. Wenn Busemann über Leo Neugebauer redet, klingt das wie ein Staffelstab zwischen Generationen: der ehemalige Zehnkämpfer, der in jedem Satz mitschwingen lässt, wie viel Herzblut in dieser Disziplin steckt – und der junge Weltmeister, der die Geschichte weiterschreibt. Beide zeigen, dass Erfolg im Mehrkampf nie Zufall ist, sondern eine Haltung: dranbleiben, egal wie viele Disziplinen gerade nicht perfekt laufen.
Diese Haltung findet sich auch bei zwei Athletinnen, die geografisch auf der anderen Seite des Globus, aber geistig ganz nah an diesem Spirit trainieren: Amanda und Hana Moll. Zwei Schwestern aus einem Ort, der symbolischer kaum heißen könnte – Olympia, Washington. Die Zwillinge könnten den Stabhochsprung in Zukunft mit einer Konsequenz prägen, die man selten sieht. Rekorde, Titel, gemeinsame WM-Finals – und doch geht es ihnen nie um den schnellen Effekt. „Wir sind prozessorientiert, nicht ergebnisorientiert“, sagt Amanda. Diese Generation denkt anders: weniger Pathos, mehr Plan. Und genau darin liegt vielleicht die Zukunft einer Sportart, die vom Feilen lebt – nicht vom Funkeln allein.
Und während die Molls die Disziplin neu definieren, zeigen andere, wie global Leichtathletik inzwischen geworden ist. Julien Alfred, die erste WM-Medaillengewinnerin für St. Lucia, und Alex Rose, der Samoa mit Bronze Geschichte schreiben ließ, sind Gesichter einer Entwicklung, die zeigt: Talent hat längst keinen Pass mehr. 53 Nationen holten in Tokio Medaillen – so viele wie nie zuvor. Vielleicht ist genau das die schönste Entwicklung: dass Leichtathletik heute mehr Stimmen hat, mehr Geschichten, mehr Farben. Frank Busemann würde das vermutlich gefallen. Denn in seiner Welt zählt nicht nur, wer am höchsten springt oder am weitesten wirft – sondern, wer sich dem Sport mit Herz, Haltung und einer guten Portion Menschlichkeit verschreibt.

Robin Josten

JPN, Leichtathletik, Athletics, World Athletics Championships Tokyo 25, Leichtathletik Weltmeisterschaften, 20.09.2025,

Richtige Richtung

Köln, 7. Oktober

Liebe Leserinnen und Leser, „der Weg zurück in die Weltspitze ist noch lang und anspruchsvoll.“ Es sind beinahe ungewohnt ehrliche Worte, die man zwischen Lobeshymnen für Leo Neugebauer und Co. zum Abschluss der Weltmeisterschaften in Tokio beim Vorstand Leistungssport des Deutschen Leichtathletik-Verbands vernehmen kann. Dr. Jörg Bügner arbeitet heraus, dass es trotz fünf gewonnener Medaillen reichlich Arbeit für die Zukunft gibt. Längst nicht in allen Disziplinen stimmte die Richtung bei dieser zurückliegenden WM – und doch titelte auch die ­ Leichtathletik anschließend: „Der nächste Schritt“. Denn ein eben solcher waren die globalen Meisterschaften. Vor allem im Mehrkampf waren die deutschen Leistungen gut, nicht zuletzt bedingt durch Neugebauers WM-Titel. Youngster Sandrina Sprengel glänzte ebenfalls, Hammerwurf-Silbermedaillengewinner Merlin Hummel setzte gar noch ein größeres Zeichen für die deutsche Leichtathletik-Zukunft. „Die deutsche Leichtathletik lebt, sie ist nicht tot, wie es nach Budapest behauptet wurde“, befand Sprinterin Gina Lückenkemper. Auch sie hat Recht mit dieser Aussage. Doch es sind eben auch so manche negative Aspekte auszumachen. Über die flachen Laufdistanzen waren die Auftritte trotz guter deutscher Vorleistungen insgesamt enttäuschend. Und die Geschichte vom Leistungspeak im richtigen Moment ist eine, die nicht nur Lückenkemper betrifft: Nur acht persönliche Bestleistungen wurden in Tokio durch DLV-Athletinnen und Athleten aufgestellt. Positiv zu deuten ist wiederum ein vierter Rang in der Nationenwertung. Und jetzt? Eine Frage mit Blick auf die Zukunft, der wir genauer nachgehen.

Alexander Dierke

Day 9 - World Athletics Championships Tokyo 2025

Deutsche Realität in Tokio

Köln, 23. September

Liebe Leserinnen und Leser,
der abschließende Tag der Weltmeisterschaften in Tokio hatte noch mal reichlich zu bieten. Es regnete teils ergiebig, doch gleichermaßen hagelte es auch noch so manche richtig starke Leistungen. Insbesondere aus deutscher Sicht war das Finale der globalen Titelkämpfe durchaus erfolgreich. Das hat der Deutsche Leichtathletik-Verband vor allem einem Athleten zu verdanken: Leo Neugebauer. Der Zehnkämpfer ließ im wahrsten Sinne des Wortes sein Herz auf der Bahn und krönte seinen persönlichen Erfolgsweg mit der Goldmedaille. Für ihn wie auch die nationale Leichtathletik der nächste Schritt. Man hat wieder einen Weltmeister in seinen Reihen. Es ist das, was vor zwei Jahren in Budapest nicht gelungen war. Und auch die 4×100-Meter-Staffel der Frauen lief noch zu Edelmetall. Bronze. Der insgesamt fünfte Podiumsplatz des DLV-Teams im Land der aufgehenden Sonne. Denn auch Weitspringerin Malaika Mihambo sowie auf sensationelle Art und Weise Marathonläufer Amanal Petros und Hammerwerfer Merlin Hummel haben sich einen Platz unter den Top Drei ihrer Disziplin gesichert. Es ist auf dem Papier ein Aufschwung: Platz zwölf im Medaillenspiegel, gar Platz vier in der Nationenwertung. Und auch weitere Athleten wie etwa Siebenkämpferin Sandrina Sprengel, Zehnkämpfer Niklas Kaul, Mittelstreckler Robert Farken und Hürdensprinter Emil Agyekum haben überzeugt. Doch nicht alles war gut. Vor allem in den Laufdisziplinen bot sich insgesamt eine Enttäuschung. Die stärksten des Jahres um Mohamed Abdilaahi und Frederik Ruppert konnten nicht überzeugen. Auch im Hochsprung der Frauen und insbesondere im Speerwurf der Männer lief es nicht wie erhofft. Wobei im Falle von Julian Weber ihm wohl auch ein eingefangener Infekt die sicher geglaubte Medaille kostete. Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye ist wiederum inzwischen weit entfernt von ihrer Form des Vorjahres. Ohnehin: Ja, diese Titelkämpfe in Japan waren eine Steigerung, lassen einen wieder etwas zuversichtlicher auf die deutsche Leichtathletik blicken. Doch weiß man beispielsweise die Marathon-Medaille von Petros einzuordnen und rechnet noch zwei weitere, grundsätzlich höchstens realistische Podiumsplätze ein, so hat sich in Tokio die deutsche Realität der Leichtathletik abgebildet. Vier bis sechs Podiumsplätze ist das, was für die aktuelle Leichtathletik-Generation bei globalen Wettkämpfen maximal möglich ist. Die Trendumkehr ist gelungen, die Rückkehr unter die Top Fünf der Welt bis 2028 jedoch mehr als ambitioniert!

Alexander Dierke

Leichtathletik-Europameisterschaften; Rom, 08.06.2024 Impression: Start 100m Runde 1 der Frauen mit Jennifer MONTAG (GER

Diskusionswürdrig

Köln, 26. August

Liebe Leserinnen und Leser,
„unsere Philosophie bei World Athletics ist der Schutz und die Wahrung der Integrität des Frauen- sports“ – mit diesen Worten erklärt Sebastian Coe, Präsident des Weltverbands, die Einführung verpflichtender Geschlechtstest für Athletinnen. „Wir sagen: Auf Eliteebene darf man nur dann in der Frauenkategorie antreten, wenn man biologisch weiblich ist.“ Das gilt auch schon für die bevorstehenden Weltmeisterschaften. Denn zum 1. September wird die neue Regel kurzfristig in Kraft treten. Und genau das sorgt unter anderem für große Kritik. Gefordert ist, dass Athletinnen sich einem einmaligen SRY-Gentest unterziehen, der Aufschluss über ihr biologisches Geschlecht liefert. Die Analyse der Proben dauert rund zwei Wochen, zum Zeitpunkt der Bekanntgebung verblieben bis zum Start der Weltmeisterschaften noch rund drei Wochen … „Für ein sehr kleines Problem werden enorme Ressourcen aufgewendet, während die wirklich drängenden Themen – Doping, Missbrauch, Gewalt im Sport – weiter bestehen. Wenn wir von Integrität sprechen, dann müssen wir genau dort mindestens genauso entschlossen handeln“, vermisst Weitspringerin Malaika Mihambo die Verhältnismäßigkeit des Schritts.

Doch das fragwürdige Timing des Schritts ist nur das eine, denn es geht auch um die Frage, ab wann eine Frau eine Frau ist – oder dies eben Tests zufolge nicht ist. „Ich finde das merkwürdig, dass wir als Frau jetzt beweisen müssen, dass wir eine Frau sind“, zeigt sich Diskuswerferin Kristin Pudenz genau darüber irritiert, merkt aber auch an: „Wir werden uns dem beugen müssen.“ Natürlich lässt sich über solche Tests diskutieren, darüber, dass erhöhte Testosteronwerte einen Vorteil bringen können. Doch das Vorschreiben eines Geschlechts ist ein ganz anderes Thema. Nicht zuletzt die südafrikanische Mittelstrecklerin Caster Semenya kämpfte jahrelang (mehr oder weniger erfolglos) dagegen an. Es geht auch um die Tatsache, was es vermeintlich mit Athletinnen, die sich als Frau identifizieren, macht, wenn man ihnen fortan die Teilnahme an Wettkämpfen verbieten würde. Zumal durch die kurze verbleibende Periode bis zum WM-Start quasi keine Möglichkeit besteht, gegen die Beschlüsse vorzugehen. Die Sinnhaftigkeit (zum jetzigen Zeitpunkt) darf durchaus infrage gestellt werden.

Alexander Dierke

Leichtathletik DM 2025

Zeit, abzuliefern!

Köln, 12. August

Liebe Leserinnen und Leser,
sie sind wieder da: diese heißen Sommerwochen, in denen es in der Leichtathletik Schlag auf Schlag geht. Auf die U23-Europameisterschaften folgten in Deutschland und in aller Welt die nationalen Meisterschaften, auf die Titelkämpfe in Dresden und Co. die kontinentalen Medaillenentscheide der U20 in Tampere. Und, und, und … Doch U20-EM ist zunächst ein gutes Stichwort, denn in die Stadt im Süden Finnlands war der Deutsche Leichtathletik-Verband mit einem durchaus großköpfigen, 99 Namen umfassenden Aufgebot angereist. Abgereist ist Deutschland nach vier Wettkampftagen mit zehn Medaillen im Gepäck – es ist keine solch starke Bilanz, wie sie dem DLV der U23-Nachwuchs in Bergen (26 x Edelmetall) beschert hat. Doch es ist durchaus ein Umstand, in dem Positives steckt – zunächst einmal sind da drei Goldmedaillen von Jana Marie Becker, Judith Bilepo Mokobe und Nova Kienast zu nennen. Zudem sind 33 Top-Acht-Platzierungen „eine gute Grundlage, auf der wir aufbauen können“. Findet zumindest Björn Weisheit, der seit Beginn des Jahres als Chefbundestrainer für die Altersklassen U20/U23 agiert. Und sicherlich sind zehn Medaillen eine ordentliche Bilanz, auch wenn man 2023 noch 23 Mal Edelmetall gewinnen konnte. Im Medaillenspiegel wird diese Ausbeute mit Rang vier belohnt, die Nationenwertung führt Deutschland sogar an. Aber: Es sind auch Schwachstellen auszumachen. Etwa, dass beim männlichen Nachwuchs nur 14 Athleten den Sprung in ein Finale schaffen und einzig im Speerwurf ein deutscher Podiumsplatz bejubelt werden kann. Mal von der 4×100-Meter-Staffel abgesehen.

Doch es gilt ja auch, über Auftritte und Bewährungsproben zu wachsen. Während der Leichtathletik-Kalender weiter volles Programm auffährt – es nähern sich Weltmeisterschaften –, sind etwa im Hochsprung zweit Athletinnen gerade richtig gut drauf: Christina Honsel und Imke Onnen. Beide stellen in Heilbronn zuletzt neue persönliche Bestleistungen auf – und Honsel knackt dort tatsächlich die Zwei-Meter-Marke! Meine ehrliche Meinung, auch mit Blick auf den jahrelang vollzogenen Reifeprozess beider Athletinnen: Als Nummer drei und fünf der Welt muss man für globale Meisterschaften als Medaillenkandidatinnen genannt werden. Nur Jaroslawa Mahutschich ist unschlagbar!

Alexander Dierke

GER, Leichtathletik, Athletics, Deutsche Meisterschaft, Die Finals, 03.08.2025

Starke Kulisse

Köln, 5. August

Liebe Leserinnen und Leser,
diese Deutschen Meisterschaften in Dresden werden in Erinnerung bleiben. Das liegt am Gesamtpaket in der Landeshauptstadt Sachsens – als Teil der „Finals 2025“ tragen die Titelkämpfe in der Leichtathletik zu einem starken Sportfest bei. Und vor allem die Stimmung ist im Heinz- Steyer-Stadion einzigartig. Weil am Wochenende über 10.000 begeisterte Zuschauer vor Ort sind, weil diese DM nicht nur einmal von engen Duellen lebt und weil so manche Newcomer und Rückkehrer auf sich aufmerk- sam machen. Aber die Atmosphäre ist auch einzigartig ob der Kulisse vor Ort, was auch darin begründet liegt, dass Langstreckler Maximilian Thorwirth im Vorfeld der DM eine starke Idee hatte: Die Schaffung eines Stimmungsblocks. Als Capo heizt er diesen im Stadion ein, die Unterstützung für die Athletinnen und Athleten ist von den Rängen so groß wie lange nicht. Das wird etwa deutlich, als Lokalmatador Karl Bebendorf über 3.000 Meter Hindernis zu Gold läuft und im Ziel von seinen Gefühlen überwältigt – seine Mutter liegt mit einer Krebserkrankung im Sterben – gefeiert wird.

In sportlicher Hinsicht werden einem in Dresden noch ein paar mehr Highlights geboten. Die männlichen Diskuswerfer untermauern, wie stark sie als Kollektiv in diesem Jahr sind. Hammerwerfer Merlin Hummel zeigt seine Dominanz, während Hürdenläuferin Eileen Demes mit Meisterschaftsrekord glänzt. Bei den Männern setzt ihr Disziplinpartner, Newcomer Owe Fischer Breiholz, seinen Höhenflug fort. Das gilt auch für 800-Meter-Läuferin Smilla Kolbe, die mit einer beeindruckenden Souveränität zu ihrem ersten DM-Titel läuft. Klug und abgeklärt sind die Auftritte der deutschen Rekordler Robert Farken und Mohamed Abdilaahi.

Doch bei all den lobenden Worten muss auch mit einer gewissen Prise Realität auf die Deutschen Meisterschaften geblickt werden. Ja, es gab einige individuelle Erfolgsgeschichten und international konkurrenzfähige Leistungen. Und ja, die großen Favoriten wie Gina Lückenkemper, Yemisi Ogunleye oder Malaika Mihambo haben sich die Titel gesichert. Doch in vielen Disziplinen war das Niveau im Weltvergleich betrachtet mäßig. Etwa im Sprint, Kugelstoßen und Weitsprung. Oder aber im Stabhochsprung und Speerwurf. Auch Leistungssprünge in einzelnen Disziplinen werden wieder einmal deutlich.

Alexander Dierke

60. Internationales Pfingstsportfest; Rehlingen-Siersburg, 08.06.2025

Bestandsaufnahme

Köln, 29. Juli

Liebe Leserinnen und Leser,
das hat richtig Spaß gemacht zuzuschauen: In Bergen führt der Weg der deutschen Youngster in rasantem Tempo an die Spitze. Eine Bergfahrt, die zuversichtlich stimmt – und dem Deutschen Leichtathletik-Verband bei den 23-Europameisterschaften insgesamt 26 Medaillen beschert. Fünf davon schimmern gar golden. Es ist in Norwegen eine deutliche Steigerung gegenüber 2023, damals hatte man bei der U23-EM achtmal über Edelmetall jubeln dürfen. Was sich zudem abzeichnet, ist, dass die Newcomer – die teils gar keine so großen Newcomer mehr sind – durchaus einiges an Potenzial mitbringen. Auch bei den World University Games und dem European Youth Olympic Festival bestätigt sich das aus nationaler Sicht in den vergangenen Tagen. Es geht nun darum, zu gewährleisten, dass diese Veranlagungen in Zukunft auch eine Etage höher in Erfolg umgemünzt werden können. Sprich, die Talente bis zu den Olympischen Spielen 2028 oder 2032 optimal zu fördern.

Beispielsweise im Wurfbereich mischen frisch gekürte U23-Europameister aber schon jetzt bei den Profis mit, etwa Nina Ndubuisi und Steven Richter haben somit am kommenden Wochenende das gleiche Ziel wie die Beletage der deutschen Leichtathletik: Dresden. Mit den nationalen Titelkämpfen steigt dort vom 31. Juli bis 3. August das Highlight der diesjährigen Freiluft-Saison – zumindest hierzulande. Denn es folgen im September ja noch die Weltmeisterschaften … Für diese wollen sich die DLV-Asse nun schon empfehlen, eine Teilnahme ist für die Reise nach Tokio Pflicht und kann mitunter im späteren Nominierungsprozess vorteilhaft sein. Doch im Hier und Jetzt geht es zunächst um die deutschen Meistertitel – wie auch um eine Bestandsaufnahme. In den zurückliegenden Wochen wussten insbesondere im Laufbereich einige DLV-Athleten zu überzeugen, nicht zuletzt verbesserte etwa Robert Farken beim ISTAF seinen kürzlich aufgestellten deutschen Rekord über die Meile abermals. Auch wenn über diese Distanz kein nationales Edelmetall verteilt wird, gilt für Farken (über 1.500 Meter) wie für die übrigen deutschen Athletinnen und Athleten: Jetzt zählt’s!

Alexander Dierke

Diamond League Monaco  2025

Geduld zahlt sich aus

Köln, 15. Juli

Liebe Leserinnen und Leser,
als Mohamed Abdilaahi beim Diamond-League-Meeting in Monte- Carlo nach 12:53,63 Minuten die Ziellinie überquert, ist eine kleine deutsche Sensation perfekt. Der Athlet von Cologne Athletics hat gerade den nationalen Rekord über 5.000 Meter geknackt – eine Bestmarke, die zuvor seit dem Jahr 1997 zusammen mit dem Namen Dieter Baumann in der deutschen Bestenliste verankert war. Baumann – eine DLV-Ikone. Rund um die Neunzigerjahre auch international tonangebend und nicht zuletzt 1992 Olympiasieger. Über exakt jene 5.000 Meter. Dass der heute 60-Jährige zeitnah von „seinem“ Thron gestoßen werden würde – darauf hatte nicht wirklich etwas hingedeutet. Das derzeitige Niveau hierzulande ist – so schien es – schlicht nicht ausreichend. Der beste derzeit aktive deutsche Langstreckler über die Distanz fand sich in Person von Abdilaahi wieder.

Doch auch dessen persönliche Bestzeit lag noch vor wenigen Tagen knapp neun Sekunden oberhalb der Marke von Dieter Baumann (12:54,70 min). „Es kamen mir ganz kurz die Tränen, ganz ehrlich. Aber ich konnte sie zurückhalten“, untermauert der gebürtige Mönchengladbacher im Interview mit der ARD den Stellenwert seines Auftritts im Fürstentum. Denn es ist in erster Linie natürlich ein Triumph für den 26-Jährigen selbst: ein Athlet, der früh in seiner Karriere ein großes Talent offenbart. Eines, das bei Abdilaahi zwar auch in den Folgejahren unbestritten ist, das er aber nur dann und wann zeigen kann. Auch Fehleinschätzungen begleiten seinen Weg in den vergangenen Jahren. So setzt er 2024 beispielsweise darauf, sich über ausreichend viele Weltranglistenpunkte für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. Ein Unterfangen, das schiefgeht. Die Norm für die diesjährigen Weltmeisterschaften hat er hingegen nun in der Tasche. Selbstreflektierend merkt er bei Sport1 an, man dürfe nicht aufgeben, „sondern man sollte seine eigene Entwicklung einfach genießen und geduldig abwarten. Irgendwann zahlen sich die vielen Kilometer aus.“ Das gilt in dieser Saison für gleich mehrere DLV-Athleten. Denn nach Hindernisläufer Frederik Ruppert und Mittelstreckler Robert Farken ist er schon der dritte deutsche Läufer, der 2025 eine Langzeit-Bestmarke knackt. Geduld zahlt sich aus. „Es geht voran in der deutschen Leichtathletik, vor allem im Laufbereich“, meint Abdilaahi. Er und seine beiden Lauf-Kompagnons liefern Argumente dafür.

Alexander Dierke

Team EM Madrid 2025

Kleine Ausrufezeichen

Köln, 1. Juli

Liebe Leserinnen und Leser,
am Ende war die Aufgabe keine ganz so schwere mehr. Manuel Sanders, Jana Lakner, Joshua Abuaku und Irina Gorr mussten den Staffelstab über die 4×400 Meter im Prinzip nur noch ins Ziel bringen. Wobei: Dieses Unterfangen ist in der Vergangenheit in verschiedensten Zusammensetzungen – sei es im Mixed oder in gleichgeschlechtlichen Quartetten – bereits oft genug schiefgelaufen. In Madrid aber gelingt die Aufgabe und die Mixed- Staffel sichert der deutschen Delegation damit endgültig eine Bronzemedaille bei den Team- Europameisterschaften. Wieder einmal. Schon bei den Mannschaftstitelkämpfen in Chorzow hatte die Auswahl des Deutschen Leichtathletik-Verbands in der Endabrechnung Rang drei belegt. Ein Platz auf dem Podium – ordentlich! Gegen europäische Konkurrenz kann man mithalten, doch die Wahrheit liegt quer über den Globus verteilt. Nur wenn die Weltbesten am Start sind, lässt sich auch ein vollumfängliches Urteil fällen. 2023 folgte in Budapest das Desaster eines Salto Nullo, bei den Olympischen Spielen im Vorjahr war zumindest wieder ein kleiner Aufwärtstrend zu erkennen – auch wenn einiges an Mittelklasse durch einige wenige herausstechende Spitzenleistungen aufpoliert wurde. In Madrid sind es abermals einzelne Athletinnen und Athleten, die besonders herausstechen. Allen voran Dreispringerin Caroline Joyeux, Speerwerfer Julian Weber und Hindernisläufer Karl Bebendorf setzen kleine Ausrufezeichen. Doch auch darüber hinaus gibt es einige ansehnliche Leistungen zu bestaunen. Es setzt sich auch ein Trend fort: Denn vor allem unter den weiblichen Springerinnen und den männlichen Werfern sind in diesem Sommer Protagonistinnen und Protagonisten, die im Vergleich mit der Weltelite unter den Besten mitmischen. Das macht Hoffnung, wie auch einzelne Ausrufezeichen im Laufbereich. Doch längst nicht in allen Disziplinen sind die Aussichten rosig. Wo die deutsche Leichtathletik zweieinhalb Monate vor dem WM steht, beantworten wir im Top-Thema dieser Leichtathletik– Ausgabe – mit dieser übernimmt die Geuer Medien GmbH (Uetersen) das Magazin im übrigen als Verlag und Herausgeber.

Alexander Dierke