Author : redaktion

Keine Zwischenstation

Keine Zwischenstation

Köln, 1. August 2017

Die Weltmeisterschaften stehen vor der Tür – und damit das internationale Leichtathletik-Highlight des Jahres. Das Schöne: Die deutsche Mannschaft scheint dafür gut gerüstet zu sein.

„Wir wollen hungrig auf die WM werden“, hat der Leitende Direktor Sport des DLV, Idriss Gonschinska, am Rande des Vorbereitungs-Trainingslagers in Kienbaum erklärt, merkte aber auch an, dass man sich „in einem Jahr der Neuorientierung mit vielen jungen Athleten“ befinde.

Klar, die Erwartungshaltung soll nicht zu hoch sein, der DLV hat nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio direkt das Fernziel Tokio 2020 ausgegeben und als wichtigste Zwischenstation auf dem Weg dorthin die im nächsten Jahr stattfindenden Heim-Europameisterschaften in Berlin bezeichnet. Sind die Weltmeisterschaften 2017 und 2019 also nur ein groß aufgezogener Lückenfüller?

Natürlich sind sie sehr viel mehr als das. Sie sind das Ereignis in diesem Jahr, bei dem die Leichtathletik weltweit im Fokus steht. Auch in Deutschland besteht die Chance, neue Menschen für die olympische Kernsportart zu begeistern – die öffentlich-rechtlichen Sender und „Eurosport“ übertragen täglich. Zwischenstationen darf es nicht geben – erst recht nicht in dem Jahr, in dem Usain Bolt abtritt.

Den Platz von Bolt, dem Aushängeschild schlechthin, wird so schnell kein Athlet alleine ausfüllen können. Es ist Raum da für viele Athleten. Auch für die deutschen Stars (der Zukunft), die ihren Hut in London in den Ring werfen können, meint

Daniel Becker

Fast nur Lob

Fast nur Lob

Köln, 11. Juli 2017

Verbände und Organisatoren tun es nahezu immer und auch Journalisten leben nicht nur davon, Kritik zu üben, sondern schreiben, wenn sie es so empfunden haben, gerne darüber, dass sie beim letzten Großereignis ordentliche Werbung für den Sport gesehen haben. Ein neuer Anlass dafür: die 117. Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften.

Ein gut getimter Zeitplan, eine funktionierende Abstimmung zwischen Siegerehrungen und Wettkämpfen, wachsame Stadionkommentatoren- und moderatoren, kurzweilige Siegerinterviews – im Steigerwaldstadion war an den DM-Tagen immer was los. Und trotzdem hatte man nicht das Gefühl, etwas zu verpassen, da die Aufmerksamkeit immer wieder geschickt auf den nächsten wichtigen Ver- such oder auf die entscheidende Phase des gerade stattfindenden Laufes gelenkt wurde. Ein bisschen Glück gehört zu einem gelungenen Ablauf dazu, aber das ist ja bekanntlich mit den Tüchtigen.

Ein bisschen Kritik muss am Ende dann doch noch sein, Luft nach oben gibt es ja immer. Alle, die am Sonntag noch eine weite Heimreise vor sich hatten, konnten erst spät in ihre Betten, da sich die Wettkämpfe ziemlich weit in den Abend hineinzogen. Aber das war halb so wild, denn auch für lange Autofahrten gaben die Deutschen Meisterschaften ausreichend Gesprächsstoff her. Meistens positiven – und an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch ein wenig Kritik, meint

Zweigleisig fahren

Zweigleisig fahren

Köln, 5. Juli 2017

Das DM-Wochenende steht an und damit die zwei Tage im Jahr, die im Kalender der deutschen Leichtathletik-Fans schon seit Langem in fettem Rot markiert sind.

Die Vorfreude auf das nationale Leichtathletik-Highlight hat viele Gründe. Bei keinem anderen Event im Jahr finden sich alle Stars der Szene zur selben Zeit am selben Ort ein, bei keinem anderen Wettkampf im eigenen Land ist das Medieninteresse so groß wie bei den „Deutschen“. Die Leichtathletik steht im Rampenlicht und schickt ihre besten Vertreter auf die Bühne.

Das Bild der Meisterschaften wird aber auch wieder geprägt sein von der Jagd nach WM-Normen und dem Kampf um die noch freien Plätze für London.

In manchen Disziplinen wird der Wettkampf um Gold, Silber und Bronze dabei in den Hintergrund rücken. Und auch, wenn ich mir selber wünsche, dass in der Leichtathletik die Auseinandersetzung Mann gegen Mann und Frau gegen Frau häufiger im Mittelpunkt steht, warte ich gespannt darauf, ob es Christoph Harting doch noch nach London schafft, welche drei Speerwerfer das WM-Ticket lösen und wer sich im Weitsprung der Frauen durchsetzen kann.

Dennoch: Schön wäre es, wenn bei den kommenden Deutschen Meistern, die den WM-Zug verpassen, die Freude über Gold im Vordergrund steht, meint

Daniel Becker

Gegenreaktion

Gegenreaktion

Köln, 20.06.2017

Wo immer man bei der U23-DM in Leverkusen auch hinhörte, war natürlich auch der geplante Umbau des Berliner Olympiastadions ein großes Thema.

Und dabei kam – völlig zu Recht – die „Monokultur Fußball“ überhaupt nicht gut weg. Doch die Veranstaltung auf der Leverkusener Fritz-Jacobi- Anlage hat auch wieder gezeigt, wo in der Leichtathletik Nachholbedarf besteht. Zwei Tage Leidenschaft, Titelkämpfe und die Jagd nach Weiten, Zeiten und Höhen bei besten äußeren Bedingungen sind so attraktiv, dass es fahrlässig ist, Veranstaltungen wie die U23-DM nicht viel offensiver zu bewerben – gerade, wenn ein so herber Rückschlag wie der Umbau des Olympiastadions droht. Die Gegenreaktion darf nicht nur Kritik am Fußball sein.

Begeistert von der Veranstaltung in Leverkusen war auch mein Nachbar, der gemeinsam mit seinem Sohn den kurzen Weg auf die andere Rheinseite auf sich genommen hat.

Mitbekommen hatte er, bevor wir uns unterhalten haben, nichts davon, dass einer der Höhepunkte des deutschen Leichtathletikjahres quasi vor seiner Haustür stattfand. Sein Sohn möchte nach dem Erlebnis U23-DM nun zum Stabhochsprungtraining. Die Leichtathletik kann nach wie vor überzeugen. Sie muss sich aber endlich offensiver in Szene setzen, meint

Daniel Becker

Leverkusenerin

Sommerpause

Köln, 6. Juni 2017

So langsam gehen einem in Bezug auf Konstanze Klosterhalfen die Super­lative aus.

Seit dem Wochenende ist die 20 Jahre alte Leverkusenerin die erste deut­sche Athletin, die die 800 Meter un­ter zwei Minuten und die 5.000 Meter unter 15 Minuten gelaufen ist. Doch wer erfährt davon? Außer denen, die ohnehin gezielt nach Leichtathletik­ Meldungen suchen, wohl kaum je­mand. Selbst in der Sommerpause der Fußball­-Bundesliga hat es die Meldung von Klosterhalfens Ausnah­me­Leistung nur in die wenigstens News­-Spalten der Tageszeitungen und Online­-Nachrichten geschafft.

Es ist nichts Neues, dass gute Leis­tungen größere Chancen haben, einer breiteren Masse bekannt zu werden, wenn sie von extrovertier­ten Sportlern erbracht werden. Denn um neue Fans für eine Sportart zu begeistern, braucht es in der Gegen­wart eben auch ein bisschen Theater. Fragen Sie mal bei den Veranstaltern von „Berlin fliegt“ oder den „Außen­-Wettkämpfen“ der Deutschen Meis­terschaften nach.

Und dennoch darf nicht verloren gehen, wenn eine junge Athletin, die beinahe alles in ihrem jungen Leben dem Sport unterordnet, Außergewöhn­liches leistet. Erst recht, wenn König Fußball gerade Pause macht, meint

Daniel Becker

Keine einfache Lösung

Keine einfache Lösung

Köln, 30. Mai 2017

Macher und Athleten bei der LG Telis Finanz Regensburg sind bekannt dafür, den Finger gerne mal in die offene Leichtathletik-Wunde zu legen. Das ist gut, bringt Diskussionen voran – gerade wenn der Anstoß von der Basis der Leichtathletik, den Vereinen, kommt.

Am Wochenende veröffentlichten die Regensburger auf ihrer Homepage erneut einen kleinen Beitrag mit der Leitfrage: Wieso schauen sich immer weniger Leute Leichtathletik-Meetings an? Die Antwort des Textes, kurz zusammengefasst, sieht so aus: Es geht zu wenig um den Wettkampf zwischen den Athletinnen und Athleten untereinander, sondern viel zu sehr um die Jagd nach Normen.

Die Diskussion, ob eine echte Kausalität zwischen Normenjagd und Zuschauerschwund besteht, ist eine interessante – und eine ergebnisoffene. Als Beispiel dafür, wie es gehen kann, könnte man sehr wahrscheinlich das Mehrkampf-Meeting in Götzis nennen. Denn das vergangene Wochenende hat dem Zuschauer tatsächlich mal wieder die selten zu findende Mischung aus direktem Wettstreit um den Sieg bei einem prestigeträchtigen Meeting und dem Austesten der eigenen (Punkte-)Grenzen gezeigt. Die Mischung macht’s im Vorarlberg. Nirgendwo sonst zeigt sich die Leichtathletik so vielseitig (Mehrkampf eben), und kaum woanders ist das Panorama so traumhaft schön wie in Götzis. Wer die Fernsehbilder gesehen hat, dem ist aber nicht entgangen, dass auch ein volles Mösle-Stadion keine Fußball-Atmosphäre erzeugen kann, meint

Daniel Becker

Jünne künne

Jünne künne

Köln, 23. Mai 2017

Der 1. FC Köln ist nach 25 Jahren Abstinenz wieder im europäischen Fußball angekommen.

Wieso ein Leichtathletik-Editorial mit Kölner Fußball beginnen? Weil sich der Fußball derzeit anschickt, den Planungen für große Leichtathletik-Events einen Strich durch die Rechnung zu machen. Und weil es ein Kölner Sprichwort gibt, das man auch in Berlin beherzigen sollte.

Dort haben Senat und der Fußballclub Hertha BSC Pläne in der Schublade, die aus dem Berliner Olympiastadion eine reine Fußballarena machen sollen. Der DLV reagierte schon mit harscher Kritik, auch die ersten Athleten meldeten sich zu Wort. Und das aus gutem Grund. Denn für die Leichtathletik wäre der Umbau ein fatales Signal, das ISTAF in berlin und weitere mögliche große Events wären damit gestorben, ein Schatten läge über den Heim-Europameisterschaften im kommenden Jahr. Nicht zu sprechen von der ungeheuer großen historischen Dimension, einem Stadion, das die Leichtathletik in der Vergangenheit geprägt hat wie nur wenige andere Stadien auf der Welt, seine Laufbahn zu nehmen.

In Köln sagt man: „Mer muss och jünne künne“ („Man muss auch gönnen können“). Wenn sich eine Sportart das aufgrund ihres Status im Land erlauben könnte, dann der Fußball, meint

Daniel Becker

Abschied mit Folgen?

Abschied mit Folgen?

Köln, 16. Mai 2017

Fragen Sie mal Nicht-Leichtathleten, woran sie denken, wenn sie das Wort „Wiesbaden“ hören. Die häufigsten Antworten werden sein: Landeshauptstadt Hessens oder Hauptsitz des Bundeskriminalamtes. Bei uns Leichtathletik-Fans ist das anders, wir sehen instinktiv Diskusscheiben an unserem geistigen Auge vorbeifliegen und denken an den WLV-Werfercup.

Doch diese Zeiten sind nun vorbei – die 22. Auflage des Meetings am Wochenende war die letzte. Direkt im Anschluss an die Wettkämpfe haben sich die jahrelangen Organisatoren Peter und Ute Schulte aus Altersgründen verabschiedet.

Das Aus des WLV-Werfercup ist ein herber Verlust für die deutsche Leichtathletik-Szene, man wird ihn im Kalender nicht 1:1 ersetzen können, seinen familiären Touch und die Herzlichkeit vermissen, die über viele Jahre Top-Werfer nach Hessen gezogen haben. Doch man muss den frei gewordenen Sport am besten direkt sinnvoll neu besetzen. Ein richtiger Ansatz könnte dabei auch ein innovativer Testballon sein, ein durchdachter Versuch, die Leichtathletik für neue Fans interessant zu machen. Sondermeetings wie „Berlin fliegt“ sind ein guter Anfang, aber lange nicht genug. Und auch die bestehenden Meetings müssen mit der Zeit gehen, ihre Events moderner präsentieren. Damit wir Pliezhausen, Rehlingen, Garbsen & Co. demnächst weiter auf Anhieb mit tollen Leichtathletik-Festen verbinden. Damit sich Nachfolger finden, wenn alte Protagonisten abtreten. Damit wir nicht wieder plötzlich Abschied nehmen müssen, meint

Daniel Becker

Gemischte Gefühle

Köln, 09. Mai 2017

Rekorde, das ewige Thema in der Leichtathletik. In der vergangenen Woche kam es wieder hoch – und zwar so sehr wie lange nicht.

Da war zum einen die Nachricht, dass der Europäische Leichtathletik-Verband EAA die Europarekord-Liste erneuern will und so die Tür in eine neue, dopingfrei(er)e Zukunft ein Stückchen weiter öffnen möchte. Dann scheiterte am Wochenende im italienischen Monza knapp der Versuch, den Marathon in unter zwei Stunden zu finishen, und zwar kurz nachdem Thomas Röhler und Gesa Felicitas Krause in Doha neue Deutsche Rekorde aufgestellt hatten.

Die Gefühle, die man mit den Rekord- Themen verbindet, können sehr gemischt sein. Meine sehen, ganz konkret, so aus: Mit Röhler und Krause freue ich mich ehrlich, sie sind zwei der neuen deutschen Leichtathletik-Gesichter, denen ich Leistungen auf diesem Niveau abkaufe. Mit der Entscheidung der EAA kann ich mich zumindest in Teilen anfreunden – neu ist in dem Fall besser als alt. Perfekt wäre eine Einzelfallprüfung gewesen, gleichzeitig aber wohl auch unmöglich umzusetzen. Den Ärger des einen oder anderen Athleten kann ich aber gut nachvollziehen. Durchaus groß war meine Freude schließlich darüber, dass die Zwei-Stunden-Marke in Monza dem Angriff standhielt. Nicht, dass ich einem guten Marketing-Konzept nichts abgewinnen könnte, die künstliche Jagd nach Rekorden ist in meinen Augen aber gerade das, was die Leichtathletik nicht gebrauchen kann. Und, wie ist es bei Ihnen?, fragt

Daniel Becker

Fünf Brüder

Fünf Brüder

Köln, 02. Mai 2017

Roleder gegen Dutkiewicz über 100 Meter Hürden, Lückenkemper gegen Mayer und Haase über 200 Meter, das Gerangel um die WM-Plätze der deutschen Speerwurf-Männer – die Freiluft-Saison wird einige spannende Wettkämpfe für die Leichtathletik-Fans bereithalten. Ein Duell wird jedoch auch 2017 wieder besonders im Fokus stehen.

Das Harting-Jahr 2016 sah so aus: Bei der DM in Kassel hatte es den Schlagabtausch der Diskus-Brüder gegeben, mit dem besseren Ende für Robert, der damit das Ticket für Rio löste. Dort wurde Harting der Ältere Opfer eines Hexenschusses. Bruder Christoph machte schließlich im Finale im letzten Versuch den Olympiasieg perfekt. Die Geschichte war so groß, dass dabei die Bronzemedaille von Daniel Jasinski beinahe unterging.

In diesem Jahr darf jeder Harting-Fan erneut hoffen, dass es zum großen Aufeinandertreffen der Brüder kommt, am liebsten natürlich im WM-Finale von London. „Da wir im Moment in Deutschland eine so ungeheure Dichte im Bereich von 66 Metern haben, zu der ich mich im Moment auch zählen muss, ist das mit der Nominierung für die WM so eine Sache“, weiß allerdings auch Robert Harting. Er, Bruder Christoph, Daniel Jasinski, Markus Münch und Martin Wierig haben die angesprochene Marke 2016 geknackt.

Auch in diesem Sommer werfen wieder mehr als eine Handvoll starker Athleten um die Qualifikation für das nächste Großereignis. Aufmerksamkeit haben alle verdient, meint

Daniel Becker