Author : redaktion

(201005) -- BEIJING, Oct. 5, 2020 -- Eliud Kipchoge (C, Front) of Kenya competes in the Elite Men s Race at the London M

Wo laufen sie hin?

Köln, 6. Oktober

Liebe Leserinnen und Leser, wir kommen wieder in eine Phase, wie wir sie schon vor einigen Monaten erlebten. Steigende Infektionszahlen, kein Sport in der Leichtathletik. Dieses Mal, so scheint es zumindest, zum Glück unter etwas anderen Vorzeichen. Nicht (nur) Corona bremst unseren Sport aus, sondern auch der nahende Winter. Sprinten macht bei fünf Grad Celsius genauso wenig Spaß, wie währenddessen auf der Tribüne zu sitzen. Daher stellt sich die Frage nicht, ob man die „Late Season“ noch weiter hätte künstlich in die Länge ziehen können. Mein Wunsch ist, dass wir jetzt denen die Aufmerksamkeit schenken, die uns noch Hochleistungssport bieten. Damit meine ich weniger die Herren Robert Lewandowski und Mats Hummels, sondern Melat Kejeta, Amanal Petros und Eliud Kipchoge. Die Marathonläufer hatten ein hartes Jahr. Mussten sie doch am längsten darauf warten, dass Konzepte für ihren Sport genehmigt wurden. Jetzt erst, im Herbst, wo alles andere vorbei ist, dürfen auch die Marathonis wieder auf die Strecke. Doch man fragt sich: Wo laufen sie hin? Eher nicht in die TV-Bildschirme, eher abseits der Öffentlichkeit. Aber doch bitte nicht unter dem Radar! Für uns rückt der Marathon jetzt in den Fokus. Darüber, wie die Saison noch verlaufen könnte, haben wir mit Bundestrainerin Katrin Dörre-Heinig gesprochen, in der kommenden Ausgabe folgt ein Exklusiv-Gespräch mit Petros, der das deutsche Aufgebot für die Halbmarathon-WM am 17. Oktober im polnischen Gdynia anführt. Die Frauen und Männer verdienen unsere Aufmerksamkeit! Meint

Jonas Giesenhagen

Leichtathletik, Deutsche Leichtathletik-Hallenmeisterschaften2020 , Hallen DM 2020 , 22.-23.02.2020, Arena Leipzig, Mary

Doppelt hält besser

Köln, 22. September

Liebe Leserinnen und Leser, in dieser Doppelausgabe haben wir 24 starke Seiten für Sie im Angebot. 24 Seiten, die wir eigentlich mit Rückblicken auf die Olympischen Spiele in Tokio und die Leichtathletik-EM in Paris zu füllen gewusst hätten. Daraus wurde, wie wir mittlerweile alle wissen, nichts. Eine kurze Saison hatten wir ja trotzdem. Grund genug, um mit DLV-Chefbundestrainerin Annett Stein Bilanz zu ziehen. Und diese fällt gar nicht mal so schlecht aus. Überzeugen Sie sich selbst auf den Seiten sechs und sieben. Statt Olympia-Rückblick nun der Blick nach vorne ins Jahr 2021. Frau Stein glaubt nicht, dass wir dann in Tokio gewohnte Olympische Spiele erleben können. Sehr wohl aber, dass diese durchaus stattfinden. Ebenfalls viel Hintergründiges bietet unser Interview mit Max Heß. Beim ISTAF sorgte er neben Christian Taylor noch für Spektakel, im Gespräch mit meinem Kollegen David Stoll wurde es dann teilweise auch emotional. Rückschläge, langwierige Verletzungen – Heß hat einiges durchgemacht. Wünschen wir ihm, dass ihn das Verletzungspech nicht weiter verfolgt. Am Produktionsende dieser Ausgabe bleibt eine Erkenntnis: Es war kein Problem, auch in einer einigermaßen wettkampfabstinenten Zeit diese Doppelausgabe zu füllen. Im Gegenteil: Sie bietet viel mehr Raum für Geschichten, die sonst nicht den Platz finden, um erzählt zu werden. Oder hätten Sie gewusst, welche Aufgaben die Laufbahnberaterinnen an einem Olympia­stützpunkt haben? Auf den Seiten 14 und 15 erfahren sie es. Viel Spaß beim Lesen wünscht

Jonas Giesenhagen

Leichtathletik Berlin 13.09.2020 ISTAF Berlin Max Heß (GER) Hess Dreisprung *** Athletics Berlin 13 09 2020 ISTAF Berlin

Wir können Krise

Köln, 15. September

Liebe Leserinnen und Leser, diese Saison hätte schlimmer kommen können. Ich hatte sie schlimmer erwartet. Damit beziehe ich mich überhaupt nicht auf sportliche Leistungen, sondern schlicht auf die Umsetzung sportlicher Wettkämpfe. „Da sind wir mit einem blauen Auge davongekommen“, bilanzierte DLV-Präsident Jürgen Kessing im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Recht hat er. „Es war wichtig, dass unsere Sportart auch Krise kann.“ Krise konnte die Leichtathletik wirklich gut. Dank Konzepten, Hygiene- und Abstandsregelungen. Gerade die Leichtathletik, also der Sport, bei dem wohl anteilig die meisten Athleten zum selben Zeitpunkt im Stadion oder zumindest in unmittelbarer Nähe sind. Ging trotzdem gut. So hatten wir immerhin noch eine Deutsche Meisterschaft und zum ­Abschluss des nationalen Sportjahres das ISTAF mit 3.500 Zuschauern. Das ist die eine Seite. Dann kommen die Sportler. Ich habe niemanden erlebt, der durch die Corona-bedingte Pause plötzlich viel langsamer war, plötzlich nicht mehr werfen oder springen konnte. Im Gegenteil. Der 97-Meter-Wurf von J­ohannes ­Vetter in einer wohlgemerkt technischen Disziplin, die in der Lockdown-Phase kaum zu trainieren war, ist nicht nur ein Statement, sondern auch ein Symbol für die professionelle Einstellung der ­deutschen Athleten, die auch während der Corona-Hochphase ihre eigenen Trainings­wege gefunden haben. Diese sportlichen Leistungen sind die andere Seite. Beide zusammen haben es ermöglicht, das Beste aus dieser Saison rauszuholen.
Danke sagt

Jonas Giesenhagen

 

The Skolimowska Memorial Continental Tour Gold meeting in Chorzow Johannes Vetter The Skolimowska Memorial Continental T

Weiter, immer weiter

Köln, 8. September 2020

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Johannes Vetter ist in dieser Saison ein mehr als gefragter Gesprächspartner. Nach der Corona-Pause gewann der Mann der LG Offenburg sieben von acht Wettkämpfen und ließ die Konkurrenz oftmals meterweit zurück. In unserem Gespräch am Freitag hat er mich hinter die Kulissen seines Erfolgs blicken lassen und unter anderem davon berichtet, wie er mit Druck umgeht. Außerdem ging es um sein Fernziel – den Weltrekord. Als wir sprachen, war die Bestmarke von Jan Zelezny aus dem Jahr 1996 (98,48 m) für den deutschen Meister noch mehr als vier Meter weit entfernt. Vetters Bestleistung lag seit 2017 bei 94,44 Metern. Doch nur zwei Tage später änderten sich die Verhältnisse. Mit grandiosen 97,76 Metern hat der 27-Jährige am Sonntag im polnischen Chorzow seine alte Bestweite und damit auch den deutschen Rekord um satte 3,32 Meter übertroffen. Plötzlich ist er dem Weltrekordwurf des Tschechen Zelezny bis auf 72 Zentimeter nahegekommen. Jetzt sind sogar die „heiligen“ 100 Meter wieder ein Thema. Diese hat mit Uwe Hohn erst ein einziger Werfer in der Geschichte übertroffen. 104,80 Meter warf der Deutsche 1984 damals noch den alten Speer im Berliner Jahnstadion. Nun lässt Johannes Vetter mit seinen herausragenden Leistungen Sport- und Speerwurf-Fans wieder von den 100 Metern träumen. Auch wenn der Speerwerfer in diesem Sommer als einziger „Über-90-Meter-Werfer“ weltweit eine einsame Show bietet, ist diese Show doch ähnlich faszinierend wie Armand Duplantis‘ Annäherungen an den Freiluft-Weltrekord, meint

David Stoll

Annegret Hilse_imago0007379728h

Mut zur Schwäche

Köln, 1. September 2020

Liebe Leserinnen, liebe Leser. Als 16-Jähriger stand ich eine Saison lang im Tor meiner Dorfmannschaft. Wir spielten in einer unterklassigen Liga, in welcher sich die Zuschauer vorwiegend aus Kühen der benachbarten Wiese und gelangweilten Eltern zusammensetzten. Trotzdem war ich durch meine neue Aufgabe vor jedem Spiel so nervös, dass ich nicht schlafen konnte.
Ich kann mir nicht ausmalen, wie es sein muss, unter wirklichem Erfolgsdruck zu leiden. Wie es ist, den Atem von Sponsoren, Managern und Social-Media Beratern im Nacken zu spüren. Wenn es nicht um die Unterhaltung von einer Hand voll Eltern und Wiederkäuern am Spielfeldrand geht, sondern um ganze Existenzen. Eine, die sich das ausmalen kann und es selbst erlebt hat, ist Sabrina Mockenhaupt.
Die mittlerweile 39-jährige Ex-Langstreckenläuferin konnte in ihrer Karriere über 40 (!) mal die deutschen Meisterschaften gewinnen. Doch wie eine Gewinnerin fühlte sie sich deswegen trotzdem nicht immer. Permanenter Leistungsdruck und Stress waren ihr ein ständiger Begleiter, psychische Probleme und der jahrelange Griff zu Tabletten die Folge.
Auch Sportlegenden außerhalb der Leichtathletik wie Olympia-Schwimm-Champion Michael Phelps kennen diese Gefühle. „Warum bin ich nicht schon zehn Jahre früher zur Therapie gegangen?“, fragt er sich heute. Die Antwort ist einfach: Er hatte Angst. Angst, nicht mehr als großer Sportler sondern als Mensch mit Schwächen wahrgenommen zu werden. Doch genau das sind wir: Menschen mit Schwächen. Und nur die Größten haben den Mut, diese auch offen zu zeigen. In diesem Sinne,

David Stoll

Deutsche Mehrkampfmeisterschaften; Vaterstetten, 23.08.2020 Deutsche Mehrkampfmeisterin Carolin Schaefer (LG Eintracht

Das beste draus gemacht

Liebe Leserinnen, liebe Leser, die deutschen Athletinnen und Athleten laufen, springen und werfen wieder. Damit erzähle ich Ihnen nichts Neues. Doch lässt man sich diesen Satz zwei, drei Mal durch den Kopf gehen, wird die Besonderheit deutlich. Vor allem mit Blick auf andere Länder, speziell über den großen Teich, steht die deutsche Leichtathletik am Ende doch wirklich sehr gut da.
Die ersten (Trainings-)Wettkämpfe fanden hierzulande statt, die Welt orientierte sich an deutschen Hygienekonzepten und deren Umsetzung. Während die Leichtathletik in anderen Ländern noch immer schleppend anläuft, haben wir schon Deutsche Meisterschaften und diverse Meetings hinter uns. Der Dank, den man dem Deutschen Leichtathletik-Verband dafür aussprechen muss, kann kaum groß genug sein. War schließlich nicht immer einfach, gab zwischendurch auch viel Kritik, und wurde am Ende doch alles gut.
Das zeigen auch die Leistungen deutscher Sportlerinnen und Sportler, die – zugegebenermaßen auch aufgrund der Wettkampfdichte im Vergleich zu anderen Ländern – in den Weltbestenlisten ganz oben mitmischen. Einige haben sich besonders stark präsentiert, sind neue Bestleistungen gelaufen (Deniz Almas, Marc Reuther) oder haben sich in neue Sphären geschraubt (Bo Kanda Lita Baehre). Sie sind die Perlen der Late Season, die ein komisches Jahr 2020 noch zu einem versöhnlichen Ende bringen. Sie sind diejenigen, die uns nach der Pause die Freude an der Leichtathletik zurückgebracht haben. Gut, dass es sie gibt, meint

Jonas Giesenhagen

True Athletes Classics; Leverkusen, 16.08.2020 Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen); True Athletes Classics am

Hoffnungsträger

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

was haben wir uns in den vergangenen Monaten Sorgen um die deutsche Leichtathletik gemacht. Natürlich nicht generell auf den ganzen Sport bezogen, immer wieder gab und gibt es absolute Weltklasse-Athlet*innen in deutschen Reihen, doch einige Disziplinen wurden zu echten Sorgenkindern. Wer soll schließlich Julian Reus beerben, wenn er voraussichtlich im Sommer die Spikes an den Nagel hängt? Diese Frage haben wir uns lange gestellt, Deniz Almas und Joshua Hartmann haben sie für uns beantwortet. Der Stabhochsprung lebte jahrelang von Raphael Holzdeppe, der in die Fußstapfen von Tim Lobinger treten konnte. Nun ist der nächste Deutsche am Start, der potenziell eines Tages die sechs Meter knacken kann: Bo Kanda Lita Baehre. Und selbst im Hammerwurf, einer Disziplin, die immer mehr aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt worden war, haben wir in Carolin Paesler und Samantha Borutta zwei Sportlerinnen, bei denen das Zuschauen wieder richtig Spaß macht. Und ich bin froh, dass sich diese Liste noch um etliche Namen ergänzen lässt, froh, dass wir auch in kommenden Jahren auf deutsche Weltklasse in der Leichtathletik bauen dürfen. Und vielleicht hat sie ja sogar etwas Gutes, diese Corona-Zeit. Über Wochen trainierten die Athlet*innen in heimischen Gefilden, vor allem der Nachwuchs scheint diese Chance genutzt zu haben und kommt nach der Zeit zu Hause richtig gut aus den Startlöchern. Wir dürfen uns gemeinsam auf das freuen, was noch kommt, und müssen keine Sorge haben, dass wir in Zukunft bei Medaillenvergaben kein Wörtchen mitreden können. Freuen wir uns auf die Zukunft! Meint

Jonas Giesenhagen

Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften; Braunschweig, 08.08.2020 Impression: Die 120. Deutschen Leichtathletik-Meisters

Gelungenes Wochenende

Köln, 11. August,

Liebe Leserinnen, Liebe Leser, die Mühen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes haben sich ausgezahlt. Die ersten deutschen „Geister-Meisterschaften“ sind erfolgreich über die Bühne gegangen. Ohne Corona, ohne Zwischenfälle, dafür mit einem guten Konzept. Dessen Auslegung war angemessen streng und man hatte den Eindruck, dass die Wichtigkeit der einzuhaltenden Regeln von Pressevertretern über Volunteers bis hin zu Betreuern jeder begriffen hatte. Gleiches galt für die Athlet*innen, die nochmals deutlich strengere Auflagen zu beachten hatten, sobald sie das Stadion und vor allem den Innenraum betraten. Da wurde in Grüppchen eingeteilt, der Mindestabstand sollte bis zum Start gewahrt werden. Mehr dazu erzählt ihnen Djamila Böhm, Silbergewinnerin über 400 Meter Hürden, auf den Seiten acht und neun. Im Vorfeld hatte ich erwartet, dass die fehlenden Zuschauer stärker ins Gewicht fallen. Nach einem anfänglichen „sieht schon komisch aus, wenn die Ränge so komplett leer sind“, legte sich dieses Gefühl dann aber recht schnell und wich dem vollen Fokus auf den Sport. Dort unten auf dem Rasen und der Tartanbahn lief dann alles fast wie gewohnt ab. Rechts schwang sich ein Stabhochspringer auf, drumherum wurde gelaufen und links geworfen. Dazwischen ausreichend Platz, um Abstand zu halten. Und so war es dann wie immer: Ein Ereignis folgte dem nächsten, ich hatte gut zu tun und war froh, endlich wieder von vor Ort berichten zu können. Insgesamt ziehe ich ein äußerst positives Fazit. Oder, um es mit den Worten meines geschätzten Kollegen Ewald Walker zu sagen: „War ein Hammerwochenende.“ Meint auch

Jonas Giesenhagen

18.07.2020, xovx, Leichtathletik Meeting Fast Arms, Fast Legs, emspor, Finale 100 Meter, Frauen v.l. Rebekka Haase (Spri

Alles bleibt anders

Köln, 4. August,

Liebe Leserinnen, Liebe Leser, nun sind es nur noch wenige Tage bis zu den ­Deutschen Meisterschaften in Braunschweig – und sie müssen daheimbleiben. Schade, denn ich hätte mir sehr gewünscht, Sie dort vielleicht zu treffen, Ihre Anfeuerungsrufe für die Sportlerinnen und Sportler zu hören und Ihrem Applaus zu lauschen. Daraus wird bekanntermaßen nichts. Sehen wir das Positive: Zu Hause ist der Gang zum nächsten Snack-Imbiss (Kühlschrank) nicht so weit, auch die Toilette lässt sich zwischen spannenden Entscheidungen deutlich schneller erreichen – ohne Wartezeit und Mund-Nasen-Schutz. In den vollen DM-Genuss kommt man in den heimischen vier Wänden dennoch nicht. Die ARD und das ZDF bemühen sich aber, etwas von den nationalen Titelkämpfen in Ihr Wohnzimmer zu bringen. Fast fünf Stunden berichten die öffentlich-rechtlichen TV-Sender von den Meisterschaften. Samstags ist die ARD von 17.10 Uhr bis 19.55 Uhr live mit dabei, am Sonntag zeigt das ZDF die DM von 17.10 Uhr bis 18.55 Uhr. In diese Zeit fallen mit dem Weitsprung der Frauen (17.15 Uhr), dem Speerwurf der Männer (17.30 Uhr), den 800 Metern der Frauen (17.35 Uhr) und Männer (17.50 Uhr), den 5000 Metern mit Alina Reh (18.00 Uhr) und den abschließenden 200 Metern sämtliche Spitzendisziplinen. Sie können also live dabei sein, ohne live mit dabei zu sein. Auch im ­Liveticker bei ­Leichtathletik.de und auf unserer ­Facebook-Seite (Leichtathletik-Magazin), wo ich für Sie berichten werde. Der Sport rückt in den Fokus. Manchmal vergesse ich sogar, dass es in diesem Jahr keine normale DM wird. Auch ohne Zuschauer wird es gut, hofft

Jonas Giesenhagen

Interior of the Khalifa stadium, centerpiece of the 15th Asian Games held in December 2006 in Doha, Qatar. PUBLICATIONx

Bitte nicht Katar

Köln, 28. Juli

Nichts gegen die Entwicklung einer Sportkultur, nichts gegen den Ausbau einer florierenden Infrastruktur und erst recht nichts gegen enthusiastische Zuschauer, die sportliche Großveranstaltungen im eigenen Land herbeisehnen. Wenn es Letztgenannte wenigstens geben würde, wäre ich ja noch kompromissbereit. Nach den Eindrücken vom letzten Jahr kann ich aber nur sagen: Bitte nicht Katar. Das Land verfügt über viel Geld, kann sich perfekte Bedingungen schaffen (abgesehen vom nicht beeinflussbaren Klima), aber sicher keine Sportkultur aus dem Boden stampfen. Das haben wir bei der Leichtathletik-WM im vergangenen Jahr gesehen, sie sollte uns als warnendes Beispiel dienen. 2032 könnten Olympische Spiele in der Rhein-Ruhr-Region, in Australien oder auch in Indien stattfinden. Vor allem Deutschland und Australien leben natürlich von ihrer Fankultur, die hiesigen oder auch dortigen Fans würden Olympische Spiele beleben. Auch in Indien wären die Stadien voll, da bin ich mir sicher. Aber in Katar? Glauben Sie wirklich, in zwölf Jahren wäre die Kultur dort eine andere als 2019? Glauben Sie wirklich, zu den Olympischen Spielen würden die Menschen pilgern, nachdem das Khalifa Stadium im letzten Jahr vor allem durch eines geglänzt hat: durch Leere. Wir alle haben die Bilder noch vor Augen. Hoffen wir, dass auch das IOC diese nicht vergessen hat und sich auch mal von einer sportlichen Linie leiten lässt statt nur vom Geld. Ich gönne Katar jede Medaille, jeden erfolgreichen Sportler, der aus der Aspire Academy emporsteigt. Es wird allerdings dauern, bis das Land bereit für Olympia ist. Mehr als zwölf Jahre, meint

Jonas Giesenhagen