Blog

Rebekka Haase belegte mit der deutschen 4 x 100-Meter-Staffel bei der Leichtathletik-WM in Eugene/Oregon/USA den dritten Platz. (Foto: imago)

Haben Sie mehr erwartet?

Köln, 26. Juli

Liebe Leserinnen und Leser,

jetzt ist der Aufruhr groß unter den deutschen Leichathletik-Anhängern. Nach der wirklich schwachen WM ist das verständlich, aber eines verwundert mich dennoch: Wo war die Kritik vorher? Die Hallen-EM in Belgrad war noch schwächer. Das wurde verziehen, weil viele Aushängeschilder nicht dabei waren, und ging dadurch in den Medien ein bisschen unter. Immerhin sechs Medaillen waren es noch in Doha, aber nur noch jeweils drei bei den letzten beiden Olympischen Spielen. Immer mit dabei: Malaika Mihambo (in Rio noch Vierte) – die einzige Sportlerin, bei der man die Medaille fast sicher einrechnen darf. Schaut man dagegen auf andere Länder, so können diese im Vorfeld mit viel mehr Edelmetall planen.

Alle anderen Disziplinen, wie 3.000 Meter Hindernis, 5.000 Meter, Stabhochsprung, Zehnkampf, Diskuswurf und sogar der Speerwurf, werfen für Deutschland zwar mal eine Medaille ab, sind aber keine sicheren Lieferanten. Das Kind war bei dieser WM längst in den Brunnen gefallen, als Chefbundestrainerin Annett Stein immer noch auf die folgenden Tage und die Medaillenchancen verwies. In den oben genannten Disziplinen war eher KEINE als eine Medaille zu erwarten, doch der DLV hat das Problem vor sich hergeschoben. Am Ende gelang der erhoffte positive Ausrutscher lediglich der Staffel. Eine gute WM hätte es nur werden können, wenn der Ausrutscher nach oben in ALLEN genannten Disziplinen gelungen wäre. Das aber war unrealistisch. Jedem Leichtathletik-Fan war das vorher klar, nur dem Verband offenbar nicht. Sollte dem DLV dieser Weitblick vor der WM wirklich gefehlt haben, wäre das fast schlimmer als das schlechte Abschneiden selbst.

Jonas Giesenhagen