Tag : DLV

(240802) -- PARIS, Aug. 2, 2024 -- Christina Honsel of Germany competes during the women s high jump qualification of At

So nah, so fern?!

Köln, 28. Januar

Liebe Leserinnen und Leser,
der Auftakt in die Hallensaison 2025 ist geglückt. Was für zahlreiche deutsche Athletinnen und Athleten gilt – Jessica-Bianca Wessolly läuft 22,84 Sekunden über 200 Meter, Yemisi Ogunleye stößt in ihrem zweiten Wettkampf des Jahres 19,77 Meter, Weitspringer Simon Batz setzt 8,05 Meter in den Sand und Gina Lückenkemper spult die 60 Meter in 7,32 Sekunden ab – hat insbesondere für die nationalen Hochspringerinnen Bestand. Christina Honsel und Imke Onnen sind die beiden Protagonistinnen, um die sich hierzulande in der jüngeren Vergangenheit alles dreht, wenn man gewollt ist, das Wort „Weltklasse“ zu verwenden. Zum Saisoneinstand geht es für die 27-Jährige und die 30-Jährige über 1,90 und 1,93 Meter; das ist mit Blick auf ihre bisherige Laufbahn für Honsel der beste und für Onnen der zweitbeste Auftakt unter dem Hallendach.

Mit solchen Leistungen gehört man zu den weltbesten Athletinnen, mit jedem Zentimeter mehr steigert sich das Ansehen noch einmal – das DLV-Duo belegte im Vorjahr Rang acht bei den Europameisterschaften (Onnen) und Platz sechs bei den Olympischen Spielen (Honsel). Das sei gepriesen – und doch belegten die beiden DLV-Hochspringerinnen in der Weltjahresbestenliste 2024 „nur“ die Ränge 16 und 24. Ganz nah dran an der Spitze und den Medaillen, aber dennoch (so weit) entfernt. Im Höhenbereich zwischen 1,90 und 2,00 Meter kann schon ein Zentimeter Grenzen verschieben. Es sei gesagt: Es braucht die zwei Meter, um sich selbst ein Denkmal zu setzen. Christina Honsel und Imke Onnen ist das zuzutrauen. Aber wenn man ehrlich ist, ist auch anzumerken: Beide scheinen gerade nahe des Peaks ihrer Leistungsfähigkeit zu sein. Ein solcher Zustand hält nicht ewig an.

Gut also, dass mit Johanna Göring auch noch ein äußerst vielversprechendes deutsches Talent anklopft. Seit Jahren. Obgleich sie gerade einmal 19 Jahre alt ist. Was all diese Parameter für die Ausgangslage im nationalen Hochsprung der Frauen bedeuten, beleuchten wir im Top-Thema der neuen Leichtathletik-Ausgabe genauer.

Alexander Dierke

Athletics - Olympic Games Paris 2024: Day 14

Verdiente Auszeichnung

Köln, 15. Januar

Liebe Leserinnen und Leser, Yemisi Ogunleye und Leo Neugebauer sind unsere „Leichtathleten des Jahres“ 2024. Zwei Olympia-Helden, die jedoch in der vergangenen Saison längst nicht nur in Paris geglänzt haben. Vielmehr widersprachen die Kugelstoßerin und der Zehnkämpfer einem Trend: nämlich jenem, dass die deutsche Leichtathletik aktuell nicht in der Weltklasse stattfände. Ogunleye und Neugebauer gehören sehr wohl zu den Besten des Globus – alles andere würde nach olympischem Gold und olympischem Silber auch für Fragezeichen sorgen. Die Entwicklungen der beiden Athleten sind hingegen durchaus unterschiedlich – und doch haben sie gemeinsam, dass beide (für den Außenstehenden so wirkend) von jetzt auf gleich so richtig durchstarteten.

Neugebauer gelang sein Durchbruch schon 2023, der US-Student stieg damals mit seinem deutschen Rekord quasi über Nacht zum Hero auf. Im vergangenen Jahr schraubte er diese Bestmarke erneut beeindruckend in die Höhe und kratzt längst an der 9.000-Punkte-Marke. Silber in Paris war wohl „bloß“ eine vorübergehende Krönung. Und Yemisi Ogunleye? Die hat 2024 eine Geschichte geschrieben, die wohl in keinem Drehbuch besser hätte stehen können. Mit dem Hallenauftakt in Nordhausen steigerte die 26-Jährige damals auf Anhieb ihre persönliche Bestleistung, es folgte Silber bei der Hallen-WM und der erste Stoß über 20 Meter. Ogunleye war angekommen in der Weltspitze. Im Sommer hatte sie dann – ganz im Stile einer Gospelsängerin – ihre großen Auftritte: Auf eine Bronzemedaille bei der EM folgte der Olympiasieg. Wieso die dort mit dem letzten Versuch gestoßenen exakt 20,00 Meter für die gläubige Athletin von so besonderer Bedeutung sind, verrät sie im Sieger-Interview in dieser Ausgabe. Was ansonsten bleibt: Es ist wieder einmal schön zu sehen, wie sehr sich die beiden Gewinner über die Auszeichnung freuen.

Alexander Dierke

World Athletics Indoor Championships Glasgow 2024 - Day One Christina Honsel from Germany is competing in the high jump

Momente für die Ewigkeit

Köln, 17. Dezember

Liebe Leserinnen und Leser,
jetzt ist es endgültig Zeit für einen Rückblick: Das Jahr 2024 ist in wenigen Tagen vorüber und damit ein Jahr, auf das im Vorfeld lange hingefiebert wurde. Olympische Spiele stehen schließlich nur in jeder vierten Saison auf dem Programm. Und in puncto deutsche Leichtathletik waren die Wettkämpfe, oder besser gesagt die Leistungen der DLV-Athleten in der französischen Hauptstadt Paris ja ohnehin unter besonderer Beobachtung. Nach schwachen letzten Jahren; und in Hinblick auf die angestrebte Rückkehr Deutschlands unter die Top Fünf der Welt bis 2028. Sie wissen, wie der Jenga-Turm deutsche Leichtathletik aktuell zusammengesetzt ist …

Eine Therapie ist da schon länger notwendig, doch was bringt diese für die nationale Leichtathletik nach dieser Saison 2024 als Zwischenfazit hervor? Vielleicht einfach so viel: Es ist kompliziert – aber die erste Trendumkehr (eines dieser Wörter der jüngeren Leichtathletik-Vergangenheit) ist gelungen. Auf Verbandsebene wurden einige Änderungen vollzogen, auf Seite der Athleten haben Medaillen bei den Europameisterschaften sowie in Paris für besondere Momente gesorgt. Dass es für die DLV-Delegation im Stade de France vierfach Edelmetall gab, ist etwa im Vergleich zu Tokio 2021 eine Verbesserung. Und zum Jahresende ist es irgendwann auch mal genug mit der Nörgelei … Denn was von den vergangenen Monaten bleibt, sind auch zahlreiche unvergessliche Momente. Das sensationelle Kugelstoß-Gold von Yemisi Ogunleye etwa. Oder das starke Comeback von Hindernis-Spezialistin Gesa Krause. Und natürlich die Weltrekord-Show des schwedischen Stabhochsprung-Ausnahmekönners Armand Duplantis. Die außergewöhnlichsten Sportlerleistungen und Momente lassen wir nicht nur in unserem Jahresrückblick noch einmal aufleben, sondern die besten nationalen Athleten stehen auch als „Leichtathleten des Jahres“ zur Wahl.

Abschließend bleibt mir nun noch, mich für Ihre uns 2024 gegenübergebrachte Treue zu bedanken. Im Namen der Redaktion wünsche ich Ihnen besinnliche Weihnachtsfeiertage und einen guten Rutsch in das Jahr 2025.

 

Alexander Dierke

Rom, Leichtathletik, Athletics, Track and Field, EAA, Leichtathletik EM Rom 2024 European Championships Rom , 07.06-12.0

Zeit für Reflexion

Köln, 19. November

Liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr 2024 neigt sich so langsam dem Ende zu – dabei sind doch gefühlt gerade erst die Olympischen Spiele über die Bühne gegangen! Die Zeit rast, und während sich so langsam bereits ein Hauch von Vorweihnachtszeit über den Alltag legt, bereiten sich die Leichtathleten längst auf die kommende Saison vor. Im Redaktionsalltag ist hingegen Zeit für Reflexion: Was hat uns in diesem Jahr in der Leichtathletik besonders bewegt, wer hat uns besonders imponiert, was waren die Momente, die uns in Erinnerung bleiben? Und natürlich stellt sich auch die uns Sportjournalisten seit langem begleitende Frage: Wo steht sie eigentlich, die deutsche Leichtathletik? Letztere Frage versuchen wir, Ihnen fortlaufend durch die Inhalte in unserem Magazin zu „beantworten“. Doch nicht nur diese, sondern auch die zuvor genannten Fragen möchten wir natürlich gerne an Sie weitergeben. Parallel zu den aktuellen Produktionen arbeiten wir gemeinsam mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband und den „Freunden der Leichtathletik“ an den Kandidaten für die Wahl der „Leichtathleten des Jahres“. Die Vorauswahl werden wir Ihnen wie gewohnt Mitte Dezember präsentieren.
Und doch gibt es bereits jetzt so manche Anekdoten, die in Erinnerung bleiben, wenn man an die Saison 2024 zurückdenkt. Ein durchaus besonderer Moment hat sich für mich gleich zu Beginn dieses Kalenderjahres ereignet: der 90-Meter-Wurf von Speerwurf-Youngster Max Dehning. Als damals die Nachricht reinkam, ein deutscher Speerwerfer habe die 90-Meter-Marke geknackt, waren die Gedanken zunächst natürlich bei Julian Weber. Doch schnell war klar: Diese 90,20 Meter konnten nicht von dem sich in der Offseason befindenden Weber stammen. Umso größer war dann noch einmal das Erstaunen darüber, dass dem damals erst 19 Jahre alten Dehning diese Leistung gelungen war. Doch was mir in der Folge noch viel mehr imponiert hat, ist, dass der Leverkusener anschließend nicht abgehoben ist. Er wusste sein Resultat aus Halle/Saale immer realistisch einzuschätzen – weiß, dass er noch nicht konstant in diesem Bereich unterwegs ist. Genau diese gesunde Selbsteinschätzung braucht es, um in Zukunft einmal erfolgreich unterwegs zu sein. Fest steht dennoch: Max Dehning ist einer unserer Senkrechtstarter 2024. Im Top-Thema dieser Ausgabe nehmen wir ihn und weitere DLV-Talente für Sie genauer unter die Lupe.

 

Alexander Dierke

OGUNLEYE Yemisi (Deutschland) jubelt ueber den Sieg und die Gold Medaille, Kugelstoßen Frauen, Finale, FRA, Olympische S

Zeit für ein Fazit

Köln, 24. September

Liebe Leserinnen und Leser,
die Freiluft-Saison 2024 ist beendet. Zu dessen Abschluss waren noch einmal eine handvoll DLV-Athleten beim Diamond-League-Finale in Brüssel vertreten, wobei mit Julian Weber, Yemisi Ogunleye und Max Heß drei deutsche Starter noch einen Podiumsplatz einstreichen konnten. Das sind positive Akzente zum Ende des Sommers, gepaart aber auch mit der Erkenntnis, dass die große Show in zahlreichen Disziplinen wieder einmal ohne das Mitwirken nationaler Leichtathleten stattfand. Neu ist das bekanntermaßen nicht, und doch hat sich in diesem Jahr einiges getan in Sachen deutsche Leichtathletik.

Die vier Medaillen des DLV-Teams vor wenigen Wochen bei den Olympischen Spielen sind das, was letztlich zählt. Anhand dessen lässt sich urteilen – oder aber auch anhand jener Medaillen, die nicht gewonnen wurden. Paris war der Moment, der zählt, die Bestandsaufnahme mit Aussagekraft, die Antwort auf die Frage, wo die nationale Leichtathletik vier Jahre bevor man wieder zu den Top-Fünf-Nationen dieser Welt gehören möchte steht. Simpel zusammenfassen lässt es sich so: Es ist kompliziert. Allen voran Kugelstoßerin Ogunleye hat nämlich 2024 sehr wohl dafür gesorgt, dass man Freude daran haben konnte, deutschen Leichtathleten zuzuschauen. Oder aber auch die übrigen Medaillengewinner von Paris. Oder aber beispielsweise Sprinter Owen Ansah, der bei den Deutschen Meisterschaften über die 100 Meter als erster DLV-Athlet der Geschichte die Zehn-Sekunden-Marke zu unterbieten wusste. Eine Laufdisziplin zu nennen ist aber irgendwo auch widersprüchlich. Denn abgesehen von der Frauen-Staffel und den Hindernisläuferinnen um Gesa Krause und Lea Meyer war es besonders der Laufbereich, in dem sich (in Paris) große Enttäuschung breit machte.

Man muss auf Leistungsexplosionen hoffen – wie unlängst von Gina Lückenkemper. Oder aber auf die nächste Generation setzen. Doch um die steht es nicht immer gut, das ist nicht erst seit kurzem bekannt, ist aber in diesem Jahr wieder einmal als Defizit aufgekommen. Es mangelt hierzulande an ausreichender Nachwuchs- und Athletenförderung. Und es bedarf einem Handeln außerhalb von Bürokratie – es sei an die Worte des DLV-Sportvorstands Dr. Jörg Bügner während Olympia erinnert: „Wir schreiben Excel-Tabellen, die anderen trainieren.“

Alexander Dierke

European Championships Munich 2022, Leichtathletik EM, Europa Leichtathletikmeisterschaften München 2022, 12.08-21.08.20

Neue Namen, große Ziele

Köln, 10. September

Liebe Leserinnen und Leser,

die öffentliche Kommunikation des Deutschen Leichtathletik-Verbandes hat sich in den vergangenen Monaten verändert: Dr. Jörg Bügner ist es, der die Geschehnisse rund um den DLV vermehrt kommentiert. Aus gutem Grund wurde der im vergangenen Jahr als Sportdirektor eingestellte Bügner im Vorfeld dieser Saison schließlich zum Sportvorstand befördert. Auch intern läuft die Kommunikation mittlerweile vor allem über ihn, insbesondere die einzelnen Disziplin-Bundestrainer berichten inzwischen direkt an ihn. Er hat somit in gewisser Weise auch jene Rolle inne, die im Vorjahr noch Annett Stein als leitende Chef-Bundestrainerin zugeteilt war – diese wurde bekanntlich in Aufarbeitung des WM-Debakels von Budapest geschasst. Kurzum kann man sagen: Der Verband stellt sich neu auf, versucht mit Strukturreformen der Krise der letzten Jahre entgegenzuwirken. Der nächste Schritt wurde nun auf der Mitgliederversammlung getätigt, das Präsidium weicht fortan einem Aufsichtsrat – und damit geht auch der bisherige Präsident Jürgen Kessing. Vorzeitig, auf eigenen Wunsch hin. Sein Nachfolger, der die Stelle als Aufsichtsrat bekleiden wird, heißt Jochen Schweitzer. Kein Unbekannter, ist er seit Kessings Amtsantritt im Jahr 2017 bereits als Vize-Präsident tätig gewesen. Und doch kommt mit ihm frischer Wind auf. Das tut, ohne Kessing schmälern zu wollen, dem Verband gut. Es sei zudem in den Raum geworfen, ob ein ähnlicher Schritt nicht auch für den Posten des Vorstandsvorsitzenden sinnvoll wäre. Neue Namen können schlicht auch neue Impulse setzen – und solche haben der DLV und die nationale Leichtathletik bitternötig. Schließlich soll bis zu den nächsten Olympischen Spielen der Abstand zur Weltspitze verringert werden. Ein Handeln ist gefragt, vor allem auch, was die Themen Athletenförderung und Talentgewinnung anbelangt.

 

Alexander Dierke

 

Olympische Spiele (Leichtathletik); Paris, 06.08.2024 Malaika Mihambo (LG Kurpfalz / GER), Finale, Weitsprung, long jump

Einmalige Spiele

Köln, 27. August

Liebe Leserinnen und Leser,
nach den Olympischen ist vor den Paralympischen Spielen. Ab dem 30. August kämpfen auch die Para-Athleten in Paris um die Medaillen – und das deutsche Team um Weitsprung-Ausnahmekönner Markus Rehm ist durchaus gut aufgestellt. Die Kandidaten, die neben dem Leverkusener die größten Chancen auf Edelmetall besitzen, stellen wir Ihnen in unserer Vorschau auf den Seiten 8–9 vor. Für die (deutschen) Olympia-Starter ist hingegen inzwischen bereits wieder Alltag eingekehrt. Die Freiluft-Saison trudelt dem Ende entgegen, bietet aber vorher noch ein paar Highlights: In der Diamond League fallen die letzten Entscheidungen, und mit dem ISTAF geht noch ein echter Klassiker über die Bühne. Apropos Diamond League: Bei den zurückliegenden Meetings in Lausanne und Chorzów haben die weltbesten Athleten bewiesen, dass ihr Hunger auf Erfolg auch nach den Spielen nicht gestillt ist, zwei Weltrekorde inklusive. Apropos ISTAF: In Berlin wird Deutschlands erfolgreichste Hürdensprinterin vergangener Jahre, Carolina Krafzik, den letzten Wettkampf ihrer Karriere bestreiten – was sie zum Aufhören bewegt, lesen Sie ebenfalls in dieser Ausgabe. Wenngleich der Leichtathletik-Alltag wieder Einzug gehalten hat, so gilt es doch, sich noch einmal mit den Geschehnissen in der französischen Hauptstadt zu beschäftigen. Oder aber besser gesagt mit den Erkenntnissen, die das deutsche Abschneiden gebracht hat. Zum einen eine kleine Trendumkehr: Vier Medaillen und 51 Nationenpunkte bedeuteten eine leichte Verbesserung gegenüber den Spielen in Tokio 2021 und vor allem gegenüber dem WM-Debakel 2023. Zum anderen aber hat sich einmal mehr gezeigt, dass man in vielen Disziplinen weit davon entfernt ist, Anschluss an die Weltspitze aufzubauen. Mit dem aktuellen Sportsystem (Förderung etc.) in Deutschland wird sich daran auch bis 2028 nichts ändern!

 

Alexander Dierke

 

Malaika Mihambo (LG Kurpfalz, Germany), Long jump women (Weitsprung Frauen), ITA, Leichtathletik, Athletics, European At

Gemischte Gefühle

Köln, 18. Juni

Liebe Leserinnen und Leser,

das waren spannende Tage in Rom. Just vor dem Beginn der Fußball-EM haben auch die Leichtathleten bei ihren kontinentalen Titelkämpfen bewiesen, dass sie für fesselnde und mitreißende Wettkämpfe sorgen können. Einmal mehr kann man sagen, wenn man diesen Gedanken auf große Meisterschaften bezieht – die Geschehnisse im „Stadio Olympico” wurden mit hohem Interesse verfolgt und bescherten den TV-Sendern starke Quoten. Zu schade, dass dieser Trend seit Jahren eben nur bei EM, WM und Olympia auszumachen ist. Apropos Olympische Spiele. Die sind das ganz große Ziel der Athleten – Rom war vorab eine ruhmreiche Etappe auf dem Weg dorthin. Aus deutscher Sicht wurden es bei eben jener „Generalprobe” nach der mageren Bilanz der ersten Tage dann doch noch elf Medaillen. Allen voran Malaika Mihambo hat mit ihrem Gold-Triumph gezeigt, dass mit ihr in knapp anderthalb Monaten zu rechnen ist. Auch Julian Weber darf man auf dem Zettel haben. Doch darüber hinaus ist der gewonnene Gesamtein- druck kein guter, wenngleich es sowohl Medaillenüberraschungen als auch individuelle Erfolgserlebnisse zu bestaunen gab. Ein zwölfter Rang im Medaillenspiegel – auf europäischer Ebene wohlgemerkt – kann nicht zufriedenstellend sein und führt zu dem Fazit, das die deutschen Leistungen auch gegen die Elite dieses Kontinents derzeit in der Breite nicht ausreichen.
Eine „kleine Trendumkehr“, wie sie DLV-Sportvorstand Dr. Jörg Bügner vernommen hat, ist für mich nur schwer auszumachen. Aber: Sollten Malaika Mihambo, Julian Weber und (der in Rom nicht anwesende) Leo Neugebauer in Paris Edelmetall gewinnen, lässt sich die Sicht Bügners vielleicht doch noch teilen. Als Nächstes stehen nun die Deutschen Meisterschaften in Braun- schweig an. Dort können sich die national Besten noch einmal für die Spiele empfehlen – und müssen das teilweise auch.

 

Alexander Dierke

 

Leichtathletik-Europameisterschaften; Rom, 09.06.2024 Christina HONSEL (GER) freut sich während des Hochsprung-Finals de

Hinter den Erwartungen

Köln, 11. Juni

Liebe Leserinnen und Leser,
just bei Fertigstellung der neuen Leichtathletik-Ausgabe hat Hindernisläufer Karl Bebendorf am Abend des vierten EM-Tags noch sensationell Bronze gewonnen. Es ist die erste deutsche EM-Medaille in dieser Disziplin seit 26 Jahren. Bei den Frauen sah die Ausgangslage über die 3.000 Meter Hindernis im Vorfeld anders aus: Gesa Krause sorgte in den vergangenen Wochen für ein fulminantes Comeback nach ihrer Babypause. Eine Favoritin auf Edelmetall war sie als vorab europäische Jahresbeste also allemale, dieser Rolle dann aber auch wirklich gerecht zu werden gebührt große Anerkennung. Dass ihr zwischenzeitlich für einen kurzen Moment Gold zugesprochen wurde – der DLV legte Protest gegen einen „Schrittfehler“ der französischen Siegerin Alice Finot ein – ist eine andere Geschichte. Aber so viel sei gesagt: Auch mit deutscher Brille ist es im Sinne des Sports, dass die Disqualifikation Finots rückgängig gemacht wurde. Aus Sicht des deutschen Verbands möchte man jedoch natürlich möglichst erfolgreich in der italienischen Hauptstadt abschneiden (im Gepäck der „Salto Nullo“ des Vorjahres aus Budapest, aber auch 16 Medaillen bei der Heim-EM 2022 in München). Doch, es ist nach absolvierten zwei Drittel der Wettbewerbe ein „Möchte“, das man sich auf die Fahne schreibt. Denn es läuft – man könnte fast zynisch sagen – wieder einmal nicht. Lediglich vier Einzelmedaillen (nebst Bebendorf und Krause gewannen Marathonläufer Amanal Petros und Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye jeweils Bronze) und zwei Team-Erfolgen im Marathon (Silber Frauen, Bronze Männer) können auf europäischer Ebene nach vier Tagen nicht der Anspruch sein. Individuelle deutsche Erfolgsgeschichten gibt es sehr wohl abermals, aber bis dato eben auch zu viele Enttäuschungen. Allen voran im Diskuswurf und Hochsprung der Frauen. Endgültig abgerechnet wird nach sechs Tagen – schauen wir mal, was noch folgt.

 

Alexander Dierke

 

European Championships Munich22; Leichtathletik, 21.08.2022 Julian Weber (GER) - European Championships Munich22 am 21.0

Erste Bewährungsprobe

Köln, 28. Mai

Liebe Leserinnen und Leser,
am letzten Mai-Wochenende wurde es noch einmal heiß: Zahlreiche Top-Meetings lockten nationale wie internationale Stars vor dem Ende des Nominierungszeitraums für die Europameisterschaften in die Stadien. Im Fight um Normen haben vor allem auch deutsche Athleten überzeugt – so konnten etwa Torben Blech, Lea Meyer und Shanice Craft gar den Richtwert für die Olympischen Spiele erfüllen. Kein schlechter Zeitpunkt, wenige Tage vor dem Startschuss im Rom. Denn das Ziel aus Sicht des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ist dort natürlich klar: Man möchte an die Medaillenausbeute bei der EM 2022 (16 x Edelmetall) anschließen und allgemein für einen Aufwärtstrend sorgen. Denn wenngleich es aktuell nur schwer vorstellbar ist, dass es gelingen könnte, besser abzuschneiden als vor zwei Jahren in München, so ist eine ähnliche Performance durchaus realistisch. Sprint-Titelverteidigerin Gina Lückenkemper rangiert in der europäischen Bestenliste aktuell etwa auf Rang drei, ebenso ist Julian Weber derzeit im Weltvergleich positioniert. Und das trotz eines verletzungsbedingt späten Einstiegs in die Saison. Doch der Speerwerfer fühlt sich einfach gut, wie er im exklusiven Interview in der neuen Leichtathletik-Ausgabe verrät. Und dann steht da in seiner Disziplin ja auch noch 90-Meter-Youngster Max Dehning parat, der den globalen Vergleich vor der EM gar anführt. Ohnehin sind es Newcomer wie er, Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye oder Weitspringer Simon Batz, die unbekümmert auftreten und in Rom für die ein oder andere Überraschung sorgen könnten. Ganz so schlecht sieht es aus deutscher Sicht auf europäischer Ebene dann also nicht aus. Im Zweifelsfall gilt ohnehin, einfach mal abwarten und schauen, was kommt. Positiv zu bewerten ist auf jeden Fall schon jetzt, dass die öffentlich-rechtlichen im TV über 20 Stunden der Titelkämpfe live übertragen werden. Es ist Werbung für unsere Sportart, die man gerne sieht!

 

Alexander Dierke