Tag : Kipchoge

TOPSHOT-ATHLETICS-EUR-2022

Zahlenspiele

Köln, 11. Oktober

Liebe Leserinnen und Leser,
der Sommer hatte ja seine zwei Gesichter. Wie die Wetterlagen wechselte auch das Klima in der Leichtathletik-Stimmung zügig. Waren bei den Weltmeisterschaften in Eugene die Leistungen der deutschen Athleten insgesamt eher bescheiden – Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel –, sodass man nicht recht wusste, ob es sich um mangelnden Wettbewerbswillen oder mangelnde Klasse handelte, wendete sich das Blatt nur wenige Wochen später: Das Auftreten der nationalen Leichtathletik-Elite bei den Europameisterschaften in München erzeugte positive bis euphorische Meldungen. Im kontinentalen Vergleich konnte viel Renommee zurückgewonnen werden. Bei unserem Power-Ranking auf Seite 4 bis 7 schrumpfen wir nun den Vergleich der Athleten noch einmal zusammen und bilden eine reine Gewichtung deutscher Sportler untereinander ab, weiten den Blick aber insofern, als dass wir interdisziplinär vorgehen. Wie das Ranking nach Zahlen funktioniert, wird dort erläutert. Und natürlich: „Harte“ Zahlen sprechen eine reine Leistungssprache, die hinterher in Summen gemeißelt scheint. Aber auch softe Ziffern fließen ein – bezüglich der Strahlkraft der Leichtathleten in ihrem Sport und über diesen hinaus. Insofern spiegelt sich in ihm ein wenig die gesellschaftliche Relevanz der Leichtathletik. Sie als Leserin und Leser mögen unseren Zahlen nun folgen oder diese bezweifeln. Eines sollten Sie sich aber nicht nehmen lassen: Ihr Vergnügen an der Bewertung.

Korrektur zur Ausgabe 40:
Eliud Kipchoge ist natürlich Kenianer, und auch bei den Weltrekorden haben sich Fehler eingeschlichen. Den Vergleich der aktuell weltbesten Athletinnen mit bestehenden Weltrekordhalterinnen finden Sie korrigiert auf Seite 3. Wir bitten um Entschuldigung.

 

Frank Schwantes Portrait

Frank Schwantes

 

Legende trifft Gegenwart

Köln, 4. Oktober

Liebe Leserinnen und Leser,
Eliud Kipchoge schrieb in Berlin Geschichte, und dies erneut. Heißt, er überschrieb seine eigene Geschichte und trägt sich nicht nur erneut als Sieger über die 42,195 Kilometer auf der schnellen Strecke Berlins in die Bücher ein, sondern er lief – man ist geneigt, legendenhaft zu sagen – einen neuen Weltrekord, der seinen zuvor errannten Weltrekord nun regelrecht pulverisiert. Ist damit ein Ende der Rekordjagd von Kipchoge absehbar?

Sicher, die Zwei-Stunden-Marke rückt immer näher, und nach der Zahlenmagie wäre das ein großes, erhabenes Ziel, die Eins vor dem Komma zu sehen, zu Leb- zeiten, endlich … So lautet vielleicht die euphorisierte Hoffnung mancher Betrachter. Doch hegt Eliud Kipchoge selbst diesen Traum? Er selbst, danach gefragt, meinte, er denke nur Schritt für Schritt, Rennen für Rennen. Und um diese bestmöglich zu gestalten und zu absolvieren, gehe es nur jeweils um die kommende Marathonstrecke. Aber was heißt das?

Ist eine Zeit das Ziel? Vermutlich auch. Doch ein Lauf stellt Athleten ja vor ganz andere Herausforderungen. Die Leistung wird eingeteilt in Kräftevermögen und Zeitabschnitte, die Einteilung der eigenen Power wird wie in der Dramaturgie abschnittweise an ihr Limit gebracht. Und genau dies ist vielleicht ein Ausdruck dafür, worum es ihm geht. Der Äthiopier scheint eben weniger an das ganz große Ziel zu denken, sondern sich eher hin zu den Zeiten, Schritt für Schritt, zu entwickeln. Insofern könnte man dies als Aufgabe eines jeden betrachten: Es ist immer gut, nicht zu weit vorauszublicken und jede kommende Aufgabe als die wichtigste zu betrachten.

 

Jonas Giesenhagen