Tag : Thomas Bach

2022 Gymnastics World Championships - Day Seven

Zeichen setzen

Köln, 4. April

Liebe Leserinnen und Leser,
die IOC-Empfehlung, russische und belarussische Sportler unter Neutralität wieder an internationalen Sportwettbewerben teilnehmen zu lassen, wirkt wie ein Akt der Hilflosigkeit. Als könnte der Verzicht auf Fahne und Hymne darüber hinwegtäuschen, dass Athleten aus Russland und Belarus in der öffentlichen Wahrnehmung symbolisch für den Angriffskrieg gegen die Ukraine stehen. Den Athleten selbst kann man nicht verübeln, dass sie in ihrem Sportlerdasein um Medaillen kämpfen möchten. Aber spätestens, wenn ihre Erfolge in der Heimat von Wladimir Putin zu Propagandazwecken missbraucht werden, lassen sich Sport und Politik nicht mehr trennen. „Die Entscheidung des IOC ist ein Schlag ins Gesicht der ukrainischen Sportlerinnen und Sportler“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Dem ist wenig hinzuzufügen angesichts 262 toter ukrainischer Sportler und Trainer, an die auch der ukrainische Sportminister erinnerte. IOC-Präsident Thomas Bach argumentiert, würde die Politik entscheiden, wer an Olympischen Spielen teilnehme oder nicht, so wäre es das Ende des Sports auf dieser Welt. Doch der Sport scheint überfordert, das Problem allein lösen zu können. Aufgrund der IOC-Empfehlung droht in vielen Fachverbänden die Zerreißprobe, es seien nur Beispiele wie im Boxen oder Fechten genannt. Insofern wird in diesem Konflikt vermutlich die Politik (mit)entscheiden müssen – so, wie sie es in der Vergangenheit schon bei den Olympia-Boykotts 1980 und 1984 getan hat. Deshalb muss der Sport ein klares Zeichen setzen gegen diesen Angriffskrieg, mit aller Konsequenz. Eine Zulassung russischer und belarussischer Athleten wird ihn nicht beenden.

 

Frank Schwantes Portrait

Frank Schwantes

 

GERMANY-OLYMPICS-OLY1972-MUNICH-ANNIVERSARY

Mit der Zeit gehen

Köln, 31. Januar

Liebe Leserinnen und Leser,
es dauert noch knapp anderthalb Jahre, bis die Olympischen Spiele 2024 in Paris eröffnet werden. Die Vorfreude auf die 23. Sommerspiele ist jetzt schon vielerorts spürbar, ebenso große Hoffnungen, die damit verbunden sind. Wir haben mit Malaika Mihambo, der „Leichtathletin des Jahres 2022“, und mit Thomas Bach, dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), über dieses bevorstehende Großereignis des Sports gesprochen. Welche Werte, Erwartungen und Ziele die beiden damit verbinden, erfahren Sie in den Interviews dieser Ausgabe. Während Bach in seiner Funktion als IOC-Präsident insbesondere als Organisator gefordert ist, stellen für die Weitsprung-Weltmeisterin die nächsten Spiele in erster Linie eine sportliche Herausforderung dar.

Doch mit den Olympischen Spielen verbinden Malaika Mihambo und Thomas Bach noch viel mehr, wie sie uns erzählt haben: In Paris wird es mehr denn je darum gehen, mithilfe der olympischen Werte und der Strahlkraft dieses Events Zeichen zu setzen in der Gesellschaft. Die Botschaft lautet: Seid fair, nachhaltig, tolerant und inklusiv. Ob und wie sehr das IOC mit der Zeit geht und den Willen zur Reform (Stichwort „Olympische Agenda 2020“) auch lebt, wird sich spätestens Ende Juli 2024 in Paris zeigen. Umso wichtiger ist es, wenn darüber hinaus engagierte und reflektierende Spitzenathleten wie Malaika Mihambo die Werte des Sports zu schätzen wissen und diese sinnstiftend in die Gesellschaft transportieren.

„Paris werden die Spiele einer neuen Ära sein“, sagt Thomas Bach. Wir alle hoffen, dass es so kommt.

 

Frank Schwantes Portrait

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