Köln, 3. Dezember
Liebe Leserinnen und Leser,
wenn ein Athlet wie kein Zweiter die Faszination Leichtathletik verkörperte, dann war es wohl Hürdensprinter Edwin Moses. Der US-Ame- rikaner sorgte in den 1970er- und 80er-Jahren für überfüllte Stadien und einen Hype, der der Sportart gerecht wurde. Lange ist das her – und die Ausgangslage in der Leichtathletik sieht inzwischen anders aus. Edwin Moses hingegen ist noch immer ein großer Name. Das liegt zum einen an seinen historischen Leistungen, die bis heute seines gleichen suchen – 122 Rennen in Folge blieb der inzwischen 69-Jährige einst unbesiegt. Zum anderen sind es aber vor allem auch seine Verdienste für den Sport, die ihn einzigartig machen: Moses setzte sich von Beginn seiner Karriere an für eine faire Bezahlung von Athleten sowie einen sauberen Sport ein. Ungerechtigkeit war schon stets ein Thema, das den Mann, der sich seine Disziplin selbst beibrachte, beschäftigt. Daran hat sich auch knapp 40 Jahre nach dem Ende seiner Karriere nichts geändert. Ohnehin: Wenn man mit Edwin Moses spricht, verkörpert er noch immer diesen unbändigen Willen und eine große Weisheit. Er blickt mit Stolz auf seine Laufbahn zurück, spricht gerne über besondere Meilensteine in der damaligen Zeit – und fühlt sich geehrt durch einen Kinofilm, der in dieser Woche anläuft und seinen einzigartigen Werdegang porträtiert. Aber er blickt auch noch immer kritisch auf die Welt der Leichtathletik. Die großen Typen, wie er oder beispielsweise US-Sprinter Michael Johnson einst einer waren, fehlen heutzutage – wenngleich Moses der Meinung ist, dass es noch immer genügend Stars gibt. Themen wie Doping-Bekämpfung seien noch immer nicht ausreichend entwickelt, in Sachen Rassismus könne der Sport früher wie heute hingegen verbinden. Kurzum: Ein Gespräch mit Edwin Moses ist durchaus besonders. Eine Stunde hat er sich Zeit genommen, das Ergebnis lesen Sie in dieser Ausgabe. Übrigens: Dass das Interesse an der Leichtathletik so sehr zurückgegangen ist, beschäftigt auch Moses. Insofern ist es durchaus spannend, dass der Weltverband World Athletics dieser Tage die Einführung der „Ultimate Championships“ verkündet hat. Man will mit einer innovativen WM 2.0 das Interesse der Sportwelt (zurück-)erobern.
Alexander Dierke