Tag : Zehnkampf

Track and Field: NCAA, College League, USA Championships Jun 8, 2023; Austin, TX, USA; Leo Neugebauer of Texas celebrate

Ein echter Glücksfall

Köln, 20. Juni

Liebe Leserinnen und Leser,
elf deutsche Zehnkampf-Rekordler hat die deutsche Leichtathletik in ihrer Historie seit 1910 bisher erlebt. Es sind Namen wie Kurt Bendlin und Guido Kratschmer, welche die Disziplin rekordtechnisch prägten. Und nicht zu vergessen natürlich Jürgen Hingsen. Seit 39 Jahren führte dieser die ewige deutsche Bestenliste an, seine 1984 aufgestellten 8.832 Zähler, sie blieben stets unerreicht. Bis zum 8. Juni 2023. Dem Tag, als in den USA die Sternstunde des Leo Neugebauer aufging: Mit 8.836 Zählern drang der College-Student in neue Sphären vor, schaffte das, was in der Vergangenheit etwa einem Frank Busemann oder Niklas Kaul nicht gelang. Mit erst 22 Jahren, am Anfang seiner Karriere stehend, kürte er sich zum zwölften deutschen Zehnkampf-Rekordler. Überhaupt haben in der Geschichte des Zehnkampfs bisher global erst acht Athleten mehr Punkte erreicht.
Vom vielversprechenden Nachwuchstalent ist Neugebauer binnen kürzester Zeit nun zu einem ernsthaften DLV-Medaillenkandidaten für die WM in Budapest sowie Olympia 2024 in Paris geworden. War es die letzten Jahre Kaul, der mehr oder weniger als alleiniges Aushängeschild des deutschen Zehnkampfs agierte, besitzt der Europameister mit Neugebauer nun einen ernsthaften Konkurrenten an seiner Seite. Und das ist ein echter Glücksfall. Denn die deutschen Leistungen wird das in Zukunft keinesfalls schmälern, vielmehr müssen beide abliefern: Kaul muss seine Position als deutsche Nummer eins neu behaupten, Neugebauer wiederum muss beweisen, dass der Wettkampf in Texas kein einmaliger Ausreißer war. Freuen wir uns also schon jetzt auf die WM!

Alexander Dierke

 

Herausforderungen

Köln, 13. Dezember

Liebe Leserinnen und Leser,
das Leichtathletik-Superjahr geht zu Ende. WM, EM, nationale Titelkämpfe – eine derartige Häufung hat es zuvor noch nie gegeben. Die Leichtathletik ist nach Corona zurück auf der Bühne des Sports. Wo steht sie am Ende von 2022? Die WM in Eugene war die Fortsetzung der schwachen Hallen-WM von Belgrad. Malaika Mihambo als Weltmeisterin und die Frauen-Staffel mit Bronze holten die einzigen Medaillen – ein Debakel, nimmt man das Abschneiden und Auftreten des gesamten Teams als Maßstab. Kleine Nationen wie Polen, Belgien, die Schweiz oder die Niederlande sind am DLV vorbeigezogen. Und dann die EM: eine Wiederauferstehung der deutschen Leichtathletik – für den DLV, die Athleten und die Zuschauer. Es war die Fortsetzung stimmungsvoller internationaler Großereignisse auf deutschem Boden: EM und WM Stuttgart (1986, 1993), EM München (2002), WM und EM Berlin (2009, 2018) und jetzt die EM München 2022. 16 Medaillen für das deutsche Team, Zuschauerbegeisterung im Olympiastadion und der Stadt, ein kaum zu erwartendes Sommermärchen mit Stimmung, die unter die Haut ging. Am Ort, an dem der Geist der Olympischen Spiele von 1972 zurückgekehrt schien, plus eine große Medienpräsenz.

Doch es waren kontinentale Meisterschaften. Die 16 Medaillen von München geben Hoffnung, sind aber keine Garantie. Die DLV-Führung unter Gonschinska, Kessing und Co. ist gefordert, die Leichtathletik auf Kurs zu bringen. Kann sie künftig auch global wieder mitspielen? Im nächsten Sommer stehen in Budapest coronabedingt erneut Weltmeisterschaften an, danach lockt schon die Olympiade. Die Herausforderungen für die deutsche Leichtathletik werden nicht kleiner.

 

Ewald Walker

 

Ende gut, alles gut?

Köln, 29. November

Liebe Leserinnen und Leser,
die Freiluftsaison 2022 neigt sich langsam wie sicher dem Ende zu. Während die einen schon ihren wohlverdienten Urlaub genießen und sich mit der Planung des nächsten Jahres beschäftigten, zogen andere im Endspurt noch einmal kräftig an. So stand für die Crossläufer bei den Deutschen Meisterschaften in Löningen einiges auf dem Spiel. Zumal es nicht nur um Titel ging, sondern auch um die letzte Chance, sich für die Cross-Europameisterschaften am 11. Dezember in Turin zu empfehlen. Wie gut das Alina Reh, Samuel Fitwi und Co. gelungen ist, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.

Am Ende des Jahres wird es auch wieder Zeit, Bilanz zu ziehen. Was war gut, was weniger gut? Darauf blicken wir im nächsten Teil unseres großen Jahresrückblicks 2022. Diesmal richten wir den Fokus auf die Siebenkämpferinnen und Zehnkämpfer, fassen die Ereignisse der letzten Saison zusammen und ordnen ein, wie Erfolge und Enttäuschungen zu bewerten sind. Herausragend dabei: die spektakuläre Aufholjagd von Niklas Kaul bei der Leichtathletik-EM in München. Berücksichtigt man, wie der Mainzer Zehnkämpfer nach seinem bitteren Olympia-Aus im Vorjahr immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte und quasi erst last minute sicher sein EM-Ticket löste, ist dieser Triumph für ihn selbst umso höher zu bewerten.

In diesem Zusammenhang gilt es, sich auch wieder Gedanken zur bevorstehenden Wahl der „Leichtathleten des Jahres“ zu machen. Die Kandidatinnen und Kandidaten dafür stellen wir Ihnen in unserer nächsten Ausgabe ausführlich vor.

 

Frank Schwantes Portrait

Frank Schwantes