Tag : Leichtathletik

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Dunkle Schatten

Köln, 18. Oktober

Liebe Leserinnen und Leser,
der dunkle Schatten liegt schon lange über Kenias Laufszene. Nun wurde mit Diana Kipyokei, Siegerin des Boston-Marathons 2021 (Foto), die nächste Läuferin aus Kenia wegen Dopings vom Leichathletik-Weltverband gesperrt. Kipyokei droht eine Sperre von mindestens vier Jahren sowie die Aberkennung ihres Vorjahres-Triumphes. Mittlerweile ist die Liste der Dopingsünder aus dem Lauf-Mekka lang, umfasst allein in diesem Jahr 23 Fälle – und sie könnte bald noch länger werden, denn Untersuchungen gegen weitere kenianische Athleten sind eingeleitet.

Das Märchen ist allseits bekannt: Kenias Läufer atmen ständig Höhenluft, verfügen über ideale physische Voraussetzungen. Laufen ist Volkssport, trainiert wird auf staubigen Pisten. Deshalb sind alle so gut. Laufen Kenias Athleten dann auf Tartanbahnen, sind sie nicht mehr zu stoppen. Doch die Wirklichkeit sieht ein wenig anders aus. Häufig geraten die Läufer an Ärzte, die mitverdienen wollen. Dafür besorgen diese den vermeintlichen Wunder-Läufern verbotene Medikamente zur Leistungssteigerung. Stellen sich sportliche Erfolge ein, verlangen die Ärzte einen Anteil an Preis- und Sponsorengeldern.

Als Hochrisiko-Land wird Kenia seit Jahren besonders überwacht. Auch der nationale Verband beteuert immer wieder, den Dopingsumpf trocken legen zu wollen. Doch gelungen ist das bis heute nicht. Und weil das Jahr lange nicht zu Ende ist, müssen wir wohl damit rechnen, dass uns noch weitere Meldungen über Dopingvergehen kenianischer Läufer erreichen werden.

Frank Schwantes Portrait

Frank Schwantes

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Zahlenspiele

Köln, 11. Oktober

Liebe Leserinnen und Leser,
der Sommer hatte ja seine zwei Gesichter. Wie die Wetterlagen wechselte auch das Klima in der Leichtathletik-Stimmung zügig. Waren bei den Weltmeisterschaften in Eugene die Leistungen der deutschen Athleten insgesamt eher bescheiden – Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel –, sodass man nicht recht wusste, ob es sich um mangelnden Wettbewerbswillen oder mangelnde Klasse handelte, wendete sich das Blatt nur wenige Wochen später: Das Auftreten der nationalen Leichtathletik-Elite bei den Europameisterschaften in München erzeugte positive bis euphorische Meldungen. Im kontinentalen Vergleich konnte viel Renommee zurückgewonnen werden. Bei unserem Power-Ranking auf Seite 4 bis 7 schrumpfen wir nun den Vergleich der Athleten noch einmal zusammen und bilden eine reine Gewichtung deutscher Sportler untereinander ab, weiten den Blick aber insofern, als dass wir interdisziplinär vorgehen. Wie das Ranking nach Zahlen funktioniert, wird dort erläutert. Und natürlich: „Harte“ Zahlen sprechen eine reine Leistungssprache, die hinterher in Summen gemeißelt scheint. Aber auch softe Ziffern fließen ein – bezüglich der Strahlkraft der Leichtathleten in ihrem Sport und über diesen hinaus. Insofern spiegelt sich in ihm ein wenig die gesellschaftliche Relevanz der Leichtathletik. Sie als Leserin und Leser mögen unseren Zahlen nun folgen oder diese bezweifeln. Eines sollten Sie sich aber nicht nehmen lassen: Ihr Vergnügen an der Bewertung.

Korrektur zur Ausgabe 40:
Eliud Kipchoge ist natürlich Kenianer, und auch bei den Weltrekorden haben sich Fehler eingeschlichen. Den Vergleich der aktuell weltbesten Athletinnen mit bestehenden Weltrekordhalterinnen finden Sie korrigiert auf Seite 3. Wir bitten um Entschuldigung.

 

Frank Schwantes Portrait

Frank Schwantes

 

Legende trifft Gegenwart

Köln, 4. Oktober

Liebe Leserinnen und Leser,
Eliud Kipchoge schrieb in Berlin Geschichte, und dies erneut. Heißt, er überschrieb seine eigene Geschichte und trägt sich nicht nur erneut als Sieger über die 42,195 Kilometer auf der schnellen Strecke Berlins in die Bücher ein, sondern er lief – man ist geneigt, legendenhaft zu sagen – einen neuen Weltrekord, der seinen zuvor errannten Weltrekord nun regelrecht pulverisiert. Ist damit ein Ende der Rekordjagd von Kipchoge absehbar?

Sicher, die Zwei-Stunden-Marke rückt immer näher, und nach der Zahlenmagie wäre das ein großes, erhabenes Ziel, die Eins vor dem Komma zu sehen, zu Leb- zeiten, endlich … So lautet vielleicht die euphorisierte Hoffnung mancher Betrachter. Doch hegt Eliud Kipchoge selbst diesen Traum? Er selbst, danach gefragt, meinte, er denke nur Schritt für Schritt, Rennen für Rennen. Und um diese bestmöglich zu gestalten und zu absolvieren, gehe es nur jeweils um die kommende Marathonstrecke. Aber was heißt das?

Ist eine Zeit das Ziel? Vermutlich auch. Doch ein Lauf stellt Athleten ja vor ganz andere Herausforderungen. Die Leistung wird eingeteilt in Kräftevermögen und Zeitabschnitte, die Einteilung der eigenen Power wird wie in der Dramaturgie abschnittweise an ihr Limit gebracht. Und genau dies ist vielleicht ein Ausdruck dafür, worum es ihm geht. Der Äthiopier scheint eben weniger an das ganz große Ziel zu denken, sondern sich eher hin zu den Zeiten, Schritt für Schritt, zu entwickeln. Insofern könnte man dies als Aufgabe eines jeden betrachten: Es ist immer gut, nicht zu weit vorauszublicken und jede kommende Aufgabe als die wichtigste zu betrachten.

 

Jonas Giesenhagen

 

Definiert Leistung nicht zuletzt durch immer neue Rekorde: Alleine in 2022 verbesserte der Schwede Armand Duplantis zweimal den Weltrekord im Stabhochsprung auf nun 6,21m. (Foto: Getty Images)

Die Leistung zählt

Köln, 20. September

Liebe Leserinnen und Leser,
Weltrekorde sind Weltrekorde sind Weltrekorde. Könnte man meinen. Die Leichtathletik streckt bei ihren Spitzenevents stets die Fühler aus nach den absoluten, den eingravierten Höchstleistungen, die aus einem Athleten oder einer Athletin eine Art Statue machen. Wir wissen natürlich, im Sport, ob im Leistungssport oder im Breitensport, geht es – sollte es zumindest, Stichwort Mentalhygiene – um die eigenen Maßstäbe, die Athleten, die Sportler, die wir an unsere Leistung stellen. Mit unseren eigenen Grenzen, unseren eigenen Fähigkeiten und der Formverfassung im Kopf und im Körper.

Aber im Sport gibt es eben auch das Legendenhafte. Das Einzigartige, das sich, in purer Bemessung und auf den Punkt, eben auf die Strecke, Weite oder Höhe gebracht, in einem Moment möglicherweise für die Ewigkeit einbrennt. Weltrekordler sind oft Legenden der (auch jungen) Vergangenheit, wie die Speerwerferin Barbora Spotakova, die seit 14 Jahren nun Weltrekordlerin ist, aber erst kürzlich ihre Karriere beendete, und manchmal auch sehr lange in Stein gemeißelte Athleten, deren Weltrekorde bereits seit Jahrzehnten bestehen. Siehe Jürgen Schult, seit 36 Jahren nun bereits Diskuswurf-Weltrekordler. Einige aber jagen in ihren jungen Jahren bereits ihre eigenen Rekorde – Armand Duplantis erscheint wie für seine Disziplin geboren.

Dennoch, Rekorde sind nicht alles. Die Messung der persönlichen Leistung, die Lust am Wettkampf und die Treue zur Disziplin, auch wenn das persönliche Leistungsvermögen mit dem Alter nachlassen sollte, das alles ist Leichtathletik!

Jonas Giesenhagen

Jubel Pamela DUTKIEWICZ Deutschland 3 Platz Ehrenrunde mit Fahne Finale 100m Huerden der Frauen

Danke, Pamela!

Köln, 28. September,

Liebe Leserinnen und Leser,

an Menschen scheiden sich die Geister. Das beste Beispiel dafür haben wir am vergan-genen Sonntag gesehen. Viele sprachen sich für Olaf Scholz aus, wiederum andere wollten Armin Laschet (nicht). Gut, dass es mit unseren Sportpersönlichkeiten anders ist.

Vor Kurzem hat Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz-Emmerich ihr Karriereende bekanntgegeben und wurde daraufhin mit freundlichen Bekundungen geradezu überschüttet. Und das zu recht. Hinter der Sportlerin steckt nämlich ein ganz toller Mensch, der stets über den Tellerrand hinausgeschaut und seine Werte auch außerhalb der Leichtathletik vertreten hat. Als frühere Kolumnistin unseres Magazins hat Dutkiewicz-Emmerich schon immer bewiesen, dass ihr keineswegs der Weitblick fehlt – eine sehr ehrliche Sportlerin, die auch hart mit sich selbst ins Gericht gegangen ist und sich dabei für Kritik nicht zu schade war.

Schade ist dagegen das „frühe“ Karriereende mit nur 29 Jahren. Aber auch verständlich. Leider war der Weg in den letzten Monaten mit Verletzungen gepflastert, ein Anknüpfen an die ganz starken Zeiten wie 2017 schien nicht mehr ohne Weiteres möglich. Natürlich wollten wir zum Abschied der Karriere unbedingt noch mit Frau Dutkiewicz-Emmerich sprechen. Lesen Sie auf den Seiten 4 und 5, was Pamela meiner Kollegin Kerstin Börß, die sie bereits seit Jahren kennt, zu sagen hatte. Dieses Mal verabschiede ich mich nicht nur von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, son- dern auch von dir, Pamela. Danke für tolle Momente und auf viel #Pämbäm in der Zukunft abseits der Bahn!

Jonas Giesenhagen