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Foto: Imago Images

Zwiespalt

Köln, 23. Februar

Liebe Leserinnen und Leser, wie haben Sie sich am Wochenende gefühlt? Vielleicht haben Sie den Live-Stream der Deutschen Hallenmeisterschaften verfolgt, vor Ort waren Sie ja dieses Mal nicht. Der Stream war wirklich gut. Mit Kommentar, aus verschiedenen Kamera­perspektiven – das gibt es sonst nicht bei einer DM in diesem Umfang. Und doch blieb immer der bittere Beigeschmack, dass dies allein der Situation geschuldet ist. Lieber würde ich auf einen umfangreichen Stream verzichten, wenn ich dafür in einer vollen Halle sitzen kann.

Knappe acht Millionen Euro hat die Stadt Dortmund investiert, damit die Helmut-Körnig-Halle international wettkampf­tauglich ist. 4.500 Zuschauer wären gerne dabei gewesen, ging aber nicht. Ich befand mich am Wochenende in einem Zwiespalt. Auf der einen Seite eine Hallen-DM mit teils wirklich starken Leistungen, auf der anderen Seite eine leere Arena und eine merkwürdige Stimmung, die über dem Ganzen schwebt. Auch die Athleten erleben diesen Zwiespalt. Zwar steht über allem die Freude und Dankbarkeit, den Beruf ausüben zu können und Wettkampf-Möglichkeiten zu erhalten – aber unter diesen Bedingungen? Bei einer Hallen-DM auf dem Weg zu den Olympischen Spielen mag das noch vertretbar sein, aber ein ähnliches Bild bei Olympia?

Ich kann mir das nicht vorstellen, und die meisten Sportler*innen, mit denen ich gesprochen habe, übrigens auch nicht. Olympisches Edelmetall heimlich, still und leise in den Katakomben abzuholen, statt es mit den Zuschauern zu feiern? Das kann nicht das Ziel sein. Meint

Jonas Giesenhagen