Category : Allgemein

24th European Athletics Championships - Day Six

Kontext mitliefern

Köln, 27. März 2019

Dürfen am Wettkampftag Dopingkon­ trollen durchgeführt werden? Diese Frage hat Wolfgang Heinig, Heimtrainer von Deutschlands Top­-Hindernisläuferin Gesa Krause, in einer Chatgruppe gestellt. Der Verlauf wurde öffentlich und sorgte in der Szene auf Aufsehen (mehr auf Seite 3). Heinig erklärte auf dpa-­Anfrage, er sei der Bitte seiner Athletin Krause nachgekom­men. Die sagte, sie habe sich vergewissern wollen, ob ihr „Erholungsschlaf durch eine mögliche Dopingkontrolle verkürzt wer­ den könnte“. Man müsste Heinig schon so einiges unterstellen, um anzunehmen, dass er in einer solchen Chatgruppe Infor­mationen für eine wie auch immer gear­tete Vertuschungsaktion erlangen wollte. Was man ihm aber vorwerfen muss, ist, das Thema Dopingkontrollen ziemlich naiv be­ handelt zu haben. Eine solche Frage wirft zu Recht Rückfragen auf. Doping ist glück­licherweise zum sensiblen Thema gewor­ den (und das nicht erst seit dem Fall um den Erfurter Dopingarzt, der nach neues­tem Stand auch die Leichtathletik betrifft). Kommt also eine Frage nach Dopingkon­trollen auf, gibt es irgendwo immer jeman­ den, bei dem die Alarmglocken läuten. Das ist gut so und man fragt sich durchaus, wo Wolfgang Heinig sich in den letzten Monaten und Jahren aufgehalten hat, um da nicht etwas dazugelernt zu haben. Nicht vergessen darf man aber auch, dass Fragen rund ums Thema Dopingkon­trollen eben manchmal gestellt werden müssen. Der Tagesablauf von Athleten ist extrem durchgetaktet, jede Info kann hilfreich sein. Bewusst wird einem in die­sem Fall aber, dass der Kontext und eine klare Erklärung am besten direkt mitge­liefert werden. Das könnte in dem einen oder anderen Fall Missverständnissen vorbeugen, meint

Daniel Becker

20KM Race Walking Championships

Wertschätzung?

Köln, 20. März 2019

Etwas mehr als eine Woche ist es her, dass sich das IAAF Council in Doha zusammen­ gesetzt und weitere Änderungen beschlos­sen hat, die den Prozess beschleunigen sollen, die Leichtathletik wieder relevanter zu machen. Eine Entscheidung, die dort getroffen wurde, wiegt besonders schwer. Diese hat der Weltverband in seiner Mit­teilung allerdings ziemlich gut versteckt und als nur als einen von mehreren Unter­ punkten aufgeführt: Ab 2022 sollen die Strecken der Geher nicht mehr 20 und 50 Kilometer lang sein, sondern es sollen zwei neue Streckenlängen gewählt werden. Zur Auswahl: 10, 20, 30 und 35 Kilometer.

Als Grund nennt der Weltverband, dass die Disziplin fernsehtauglicher und für neue Athleten interessanter werden soll. Viele Geher waren im Vorfeld gegen die geplante Entscheidung Sturm gelaufen, am Ende konnten sie den Beschluss jedoch nicht verhindern. Ihre Argumentation: Ausdauer ist unser Faustpfand, die 50­km­ Strecke ein Alleinstellungsmerkmal der Disziplin. Beide Argumentationen sind nachvollziehbar. Fakt ist, dass die Zahlen von Athleten, die über 50 Kilometer antre­ten, alarmierend gering sind. Im vergan­genen Jahr erbrachten gerade einmal 205 Männer und 92 Frauen eine Leistung, die Eingang in die Weltbestenliste fand. Fakt ist aber auch, dass der Weltverband eine solche Entscheidung viel offener kommu­nizieren muss. Eine so einschneidende Änderung ist dem Weltverband nicht mal eine eigene Pressemitteilung wert. Das ist es, worüber sich die Geher wirklich Sorgen machen können, meint

Daniel Becker

IAAF Installation of Air Quality Monitor In Sydney

Härtetest

Köln, 6. März 2019

Die neue Weltrangliste ist da. In der vergangenen Woche wurde sie vom Weltverband IAAF vorgestellt und nach neuerlicher Überarbeitung nun endgültig eingeführt (lesen Sie mehr dazu auf Seite 3). In diesem Jahr bekommen Athleten und Zuschauer noch die Chance, sich an das neue System zu gewöhnen, bevor es dann für die Olympischen Spiele 2020 zur Basis der Qualifikation wird. Es ist wieder eine Neuerung, die maßgeblich von IAAF-Präsident Sebastian Coe vorangetrieben wurde. Und sie könnte der Leichtathletik guttun – wenn das (ziemlich komplizierte) System der Punktevergabe funktioniert und sich herausstellt, dass es für alle Athleten fair ist. Die Leichtathletik ist eine Sportart der Zahlen, und wenn mit der Weltrangliste tatsächlich ein System entwickelt wurde, das Zahlen aus der unüberschaubaren Masse an größeren und kleineren Meetings weltweit sammelt, analysiert und in eine Liste überträgt, die die Stärke aller Athleten weltweit widerspiegelt, dann kann die Weltrangliste eine Erfolgsgeschichte werden. Die Vergangenheit hat aber auch gezeigt, dass neue Systeme, trotz aller theoretischen Überlegungen im Vorfeld, erst einmal den Härtetest der Realität bestehen müssen. Und dass sie langfristig nur dann Erfolg haben, wenn man den Mut hat, bei Bedarf noch ein- mal Änderungen vorzunehmen. Denn nur dann kann eine solche Liste auch als Basis der Qualifikation für das größte Sportereignis der Welt dienen, meint

Daniel Becker

24th European Athletics Championships - Day Four

Härtetest

Köln, 28. Februar 2019

Das Leichtathletik-Jahr 2019 steht vor seinem ersten Höhepunkt. Zwar fehlen viele der deutschen Top-Athleten bei den am Wochenende stattfindenden Hallen- Europameisterschaften, doch für alle, die dabei sind, können die Tage im schottischen Glasgow zur wichtigen Standortbestimmung werden. Das haben einige Beispiele aus der Vergangenheit gezeigt. Hochspringer Mateusz Przybylko etwa hat sich im vergangenen Jahr in der Halle den selbst auferlegten Druck genommen, spätestens bei der Heim-EM in Berlin seine erste internationale Medaille gewinnen zu müssen – er holte diese schon im März bei der Hallen-WM in Birmingham (Bronze) und konnte so völlig befreit und mit großem Selbstvertrauen in die Freiluftsaison starten. Das vorläufige Happy End mit dem Gewinn von Gold im Berliner Olympiastadion ist bekannt. Oder Kristin Gierisch: Deren Gewinn der Silbermedaille bei der Hallen-WM 2016 in Portland war der Startschuss für den Weg der Chemnitzerin in die Dreisprung-Weltklasse. Beide Athleten sind auch am Wochenende dabei. Und so ist die Hallen-EM in erster Linie als erster Härtetest, als mögliche Motivationsspritze für einen erfolgreichen Verlauf der kommenden Wochen und Monate zu betrachten. Denn mit der WM in Katar und natürlich vor allem mit Olympia 2020 stehen die ganz großen Höhepunkte noch bevor. Auf dem Weg dorthin könnte eine erfolgreiche Hallen- EM für so manchen wahrlich Gold wert sein, meint

Daniel Becker

Brussels - IAAF Diamond League 2018: AG Memorial Van Damme

Die üblichen Verdächtigen

Köln, 13. Februar 2019

Mit den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig steht am kommenden Wochenende das erste große Highlight des Winters auf dem Programm. Bislang hat die Saison gezeigt, dass es mal wieder die deutschen Frauen sind, die im internationalen Vergleich groß auftrumpfen: Pamela Dutkiewicz und Cindy Roleder dominieren über 60 Meter Hürden, Malaika Mihambo ist im Weitsprung ebenso eine Klasse für sich wie Christina Schwanitz im Kugelstoßen und Konstanze Klosterhalfen über alle möglichen Mittelstrecken. Es ist gut, dass alle fünf Athletinnen auch in Leipzig dabei sein werden, wo ansonsten doch einige große Namen – allen voran Sprinterin Gina Lückenkemper – in den Startlisten fehlen. Die Ausgangssituation für (teilweise) hochklassige Deutsche Meister- schaften könnte schlechter sein.

Die Hallen-DM ist zudem der Startschuss in ein Jahr, in dem der erste und der letzte Höhepunkt für die Athleten so weit auseinanderliegen wie sonst nie – die WM in Katar findet vom 28. September bis zum 6. Oktober statt. Da kann man beinahe sicher sein, dass bis dahin für viele Sportler noch so mancher Stein aus dem Weg zu räumen ist und so manche Schwankung in der Formkurve zu erkennen sein wird. Dennoch: Wer jetzt schon auf gutem Niveau unterwegs ist, der hat bislang noch nicht viel falsch gemacht und eine gute Basis gelegt für alles, was noch kommt. Stand jetzt sind es auch im Jahr 2019 wieder die Frauen, die in der deutschen Leichtathletik für Furore sorgen, meint

Daniel Becker

24th European Athletics Championships - Day Three

MeldePFLICHT?

Köln, 5. Februar 2019

Die Diskussion um die schwedische Langstreckenläuferin Meraf Bahta kochte zum ersten Mal bei den Europameisterschaften in Berlin so richtig auf. Die Athletin soll im Zeitraum von zwölf Monaten zwei Dopingkontrollen versäumt haben und dazu noch einmal gegen die Meldepflicht verstoßen haben.

In Deutschland sind bei gleichen oder ähnlichen Versäumnissen in der Vergangenheit sportartenübergreifend schon häufiger Sperren ausgesprochen worden. Bahta hingegen durfte in Berlin starten, gewann Bronze über 10.000 Meter. Zuständig für die Frage, ob die 29-Jährige gesperrt wird oder nicht, ist das schwedische Dopingkomitee. Es hat die Athletin – bislang ohne Nennung von Gründen – freigesprochen. Die nationale Anti-Doping-Agentur Schwedens legte daraufhin Berufung ein, der Fall liegt nun beim schwedischen Sportrat, der letzten nationalen Instanz in diesen Fällen. Innerhalb der nächsten Wochen wird laut Medienberichten ein finales Urteil erwartet.

Die Frage, ob Bahta gedopt hat oder nicht, ist von außen bislang nicht zu beurteilen. Wie das Beweismaterial aussieht, darüber darf in Schweden niemand sprechen – so sind die Verbandsregeln. Die mangelnde Transparenz in Schweden ist jedoch nur das eine Problem. Das andere ist, dass eine Suspendierung laut Sportrecht selbst bei mehrfachen Verstößen gegen die Meldepflicht innerhalb eines kurzen Zeitraumes nicht zwingend ist.

Der Fall Bahta könnte Anstoß sein, diesen Punkt noch einmal neu zu diskutieren, meint

Daniel Becker

Gruppenbild

Deutscher Sportjournalistenpreis: Fachzeitschrift Leichtathletik nominiert!

Köln, 31. Januar 2019

Große Ehre für die Fachzeitschrift Leichtathletik: Deutschlands wichtigste Leichtathletik-Zeitschrift ist für den Deutschen Sportjournalistenpreis 2019 nominiert, in der Kategorie „Beste Sportfachzeitschrift“. Heißt: Ab jetzt zählt jede Stimme!

In den folgenden Wochen können Deutschlands Spitzensportlerinnen und -Sportler online abstimmen, bevor der Award dann auf einer Gala am Montag, 25. März 2019, im Hotel Grand Elysée Hamburg verliehen wird. 2005 von Sören Bauer ins Leben gerufen, wird die Trophäe seitdem alle zwei Jahre verliehen.

Das Voting für den Deutschen Sportjournalistenpreis 2019 findet online unter www.sportjournalistenpreis.de statt. Neben Leichtathletik ist das Redaktionsbüro Wipperfürth auch mit den Fachmagazinen „Basket“ und „BOXSPORT“ bei der Wahl vertreten.

Ab sofort können alle Stimmberechtigen in der Kategorie „Beste Sportfachzeitschrift“ fleißig für das BOXSPORT-Magazin voten. Hier geht’s direkt zur Abstimmung!

LANXESS ARENA Koeln Zuschauer Handball WM 2019 Hauptrunde Spiel Deutschland Spanien in Koeln in de

Basisarbeit

Köln, 30. Januar 2019

Haben Sie sich in den letzten Wochen auch erinnert gefühlt an den August letzen Jahres? Die Euphorie, die Millionen TV-Zuschauer während der Europameisterschaften im Berliner Olympiastadion gepackt hatte, steckte ähnlich viele nun auch während der Handball- WM an, die Deutschland gemeinsam mit Dänemark ausgerichtet hat. Die Parallelen sind unverkennbar. Der Handball hat in Deutschland eine ähnlich große Tradition wie die Leichtathletik, heute aber fühlen sich beide Sportarten vom Fußball in den Schatten gestellt. Beide verbindet auch die Hoffnung, dass ein Großereignis auf heimischem Boden für die Wende sorgen kann und nun endlich wieder bessere Zeiten anbrechen. Wie die Leichtathletik zuvor wird sich auch der Handball nun aber erst mal auf einen Dämpfer einstellen müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der tollen WM nun auch die heimische Liga boomen wird, ist gering. Im Free-TV ist fast nichts zu sehen. An die WM werden sich viele erst wieder bei den zahlreichen Jahresrückblicken erinnern. Der Fokus muss daher auf der Basis liegen – dem Schul- und Vereinssport. Es wird spannend sein zu sehen, ob es dem Deutschen Handballbund gelingt, die WM als Katalysator dafür zu nutzen, dass der Handball dort wieder eine wich- tigere Rolle einnimmt. Die Leichtathletik, ihre Landesverbände und der DLV, sollten genau hinschauen, am besten sogar in den direkten Austausch mit den Handballern treten. Denn auch bei ihr herrscht in dieser Hinsicht großer Nachholbedarf, meint

Daniel Becker

214th IAAF Council Meeting

Köln, 20 November 2018

Schon letzte Woche haben wir an dieser Stelle über IAAF-Präsident Sebastian Coe und seinen Willen zur Reformierung der Leichtathletik gesprochen – und auch dieses Mal geht es wieder um das Thema Neuerungen. Nun auf der Tagesordnung: die Einführung der neuen Weltrangliste. Zwei Monate vor dem Jahreswechsel hat sich der Weltverband dazu entschlossen, diese nun doch nicht als Basis für die Qualifikation zur WM in Katar zu nutzen und hat damit auf kritisch Stimmen reagiert, die unter anderem aus dem Lager der Athleten kamen (mehr dazu lesen Sie auf den Seiten 6 und 7). Mit anderen Worten: Man hat einen Fehler eingestanden. Und Fehler, auch das stand hier schon geschrieben, gehören im Rahmen eines Erneuerungsprozesses dazu. Doch es kommt auch auf die Art der Fehler an. Es ist das eine, neue, sich schließlich als unbrauchbar herausstellende Wettkampfmodi auszuprobieren. Es ist aber etwas völlig anderes, eine so elementare Neuerung wie die Einführung der Weltrangliste und die Installation dieser als Basis für WM- und Olympia-Quali kurzerhand zu streichen – nicht, weil Fehler nicht eingestanden und korrigiert werden sollten, sondern weil der geplanten Einführung offensichtlich eine unzureichende Vorbereitung zugrunde lag. Das wirft auch ein neues Licht auf andere Ansätze des IAAF-Präsidenten und Reformators. Das Missverständnis rund um die Weltrangliste sollte ein Warnschuss sein, denn schließlich die Zukunft der Sportart auf dem Spiel, meint

Daniel Becker

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Kopf an Kopf

Köln, 7. November 2018

Die Leichtathletik soll reformiert werden. Neuigkeiten sind das nicht, IAAF- Präsident Sebastian Coe ist schon seit seinem Amtsantritt dabei, jeden Stein einzeln umzudrehen. Testfelder gab es bis jetzt schon reichlich, zuletzt bei den Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires. Dort und woanders wurde deutlich, dass längst nicht jede Neuerung auch eine Verbesserung bedeutet, doch der Ansatz, es immer wieder zu probieren, bleibt der richtige. Die Leichtathletik muss wieder mehr in den Fokus gerückt werden, und nicht jeder Versuch kann sich auch auf Anhieb auszahlen.

Das Titelthema unserer aktuellen Ausgabe sind die Topduelle 2019, die Zweikämpfe also, die in der kommenden Saison, an deren Ende als Krönung die Weltmeisterschaften in Katar stehen wer- den, die spannendsten Auseinandersetzungen zwischen zwei Top-Athleten versprechen. Die Stabhochspringer Armand Duplantis und Timur Morgunov finden sich in der Liste, ebenso wie die Sprinter Noah Lyles und Christian Coleman oder die Weitspringer Juan Miguel Echevarria und Luvo Manyonga.

In der Geschichte der Leichtathletik gab es zahlreiche Duelle, die den Fans bis heute im Gedächtnis geblieben sind. Sie sind das Salz in der Suppe der Sportart, und man kann nur hoffen, dass auch IAAF-Präsident Coe das so sieht. Denn eine Modifikation von Abläufen, die den Kampf Mann gegen Mann oder Frau gegen Frau mehr in den Fokus stellt, könnte der Sportart verdammt gut zu Gesicht stehen, meint

Daniel Becker